Virus-Logo (5658 Bytes)Januar 1999
Nr. 4

kritisch Stern konstruktiv

 

 

Schlagzeilen:

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Internationale Politik:

Der Euro ist da!

Euro und Cent (14635 Bytes)Oder auch nicht - denn obwohl am 1. Januar 1999 offiziell eingeführt, hat ihn noch niemand in der Tasche. Und das wird sich auch für die nächsten drei Jahre nicht ändern. So lange werden alle, deren Gehalt auf Euro umgestellt wurde oder die ihr Geld in Wertpapieren anlegen, ständig hin und her rechnen dürfen.
10 Euro (46919 Bytes)Aber im geschäftlichen Bereich, bei den Banken und im internationalen Handel, ist der Euro bereits kräftig präsent. Er bestimmt nicht nur die Wirtschaft der elf Länder der Eurozone, sondern auch die Austauschbeziehungen der AKP-Staaten und der CFA-Franc-Zone. Die Tatsache, dass eine physisch nicht existente und nicht gedeckte Währung existiert, gehandelt wird und sogar nun die zweitwichtigste Weltwährung darstellt, beweist eindrucksvoll, dass der Kapitalismus bereits durch den Manipulismus abgelöst worden ist.
Natürlich dient die Einführung des Euro hauptsächlich den Ausbeutern, die damit die Währungsgrenzen der Ausbeutung abbauen und die Währungsrisiken für ihre Profite vermindern. Doch trotzdem sind wir als Kommunisten im Gegensatz zu den meisten Linken und auch anderen Kommunisten für den Euro, wie überhaupt für die vielgeschmähte und vielbeschworene „Globalisierung“. Denn wer den Kommunismus richtig verstanden hat, ist gegen nationale Schranken zwischen den Ökonomien, da diese die ökonomische Entwicklung behindern. Natürlich ernten in Ausbeutergesellschaften die Ausbeuter immer die meisten Früchte jedes ökonomischen Fortschrittes. Doch deswegen ökonomischen Fortschritt abzulehnen, wäre unsinnige Maschinenstürmerei. Es zeugt nicht gerade von wissenschaftlichem Denken, wenn man der Maxime folgt: „Alles, was von meinem Gegner kommt, ist schon deshalb schlecht“.
100 Euro (52854 Bytes)Wer den Kommunismus richtig verstanden hat, ist auch gegen nationale Schranken zwischen den Menschen selbst. Schon Marx verlangte mit seiner legendären Losung „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“, dass sich die Ausgebeuteten nicht national spalten lassen sollten, sondern sich im Gegenteil international gegen die Ausbeuter zusammenschließen sollen. Und gerade dafür bietet der Euro eine einmalige Chance, indem er über Ländergrenzen hinweg Preise und Löhne direkt vergleichbar macht. Deshalb sollte man ihn nutzen, um sich für die Forderung nach gleichen Löhnen für alle international zusammenzuschließen, anstatt den nationalen Währungen hinterherzutrauern, die ja auch nicht gerade zum Nutzen der Ausgebeuteten existierten.

T.D.

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Karikatur (51239 Bytes)

  • 1 Euro = 1,95583 Deutsche Mark

  • 1 Euro = 166,386 Spanische Peseta

  • 1 Euro = 6,55957 Franz. Franc

  • 1 Euro = 1936,27 Italienische Lira

  • 1 Euro = 13,7603 Österr. Schilling

  • 1 Euro = 40,3399 Belg./Lux. Franc

  • 1 Euro = 5,94573 Finnmark

  • 1 Euro = 2,20371 Holl. Gulden

  • 1 Euro = 0,787564 Irische Pfund

  • 1 Euro = 200,482 Port. Escudo

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Kurznachrichten:

Öcalan frei

Kurdenführer Öcalan ist von den italienischen Behörden freigelassen worden, nachdem Deutschland keinen Auslieferungsantrag gestellt hatte. Nun sucht die italienische Regierung nach einem eleganten Weg, ihn loszuwerden.


Impeachment

Das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Clinton ist eröffnet worden. Sollten wir etwas über dieses Kasperle-Theater schreiben? Nein - eigentlich wohl eher nicht!

Tamara Bunke beigesetzt

Die sterblichen Überreste von Genossin Tamara Bunke, der deutschen Kampfgefährtin Che Guevaras, wurde 32 Jahre nach ihrer Ermordung von Bolivien nach Cuba überführt und dort beigesetzt. „Tania, la guerrillera“ war die einzige DDR-Bürgerin, die den Mut hatte, nicht nur über Revolution und Kommunismus zu reden, sondern auch mit der Waffe in der Hand dafür zu kämpfen. Wir ehren ihr Andenken.

Mauerschütze vor Gericht

Zur Abwechslung steht die deutsche Justiz in puncto Mauerschützen auch mal auf der richtigen Seite. Nach Durchsicht von Akten der NVA muss sich nun endlich auch mal ein „Fluchthelfer“ vor Gericht verantworten, weil er 1962 einen DDR-Grenzsoldaten ermordet hatte. Bisher hatte er den Mord auf Anraten der Westberliner Polizei und der CIA geleugnet und ihn den DDR-Grenzern untergeschoben.

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Internationale Politik:

Zwischen Sozialdemokratie und Faschismus

Schon lange sind Zweifel am Weg der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation angebracht, immerhin die größte Fraktion im russischen Parlament. Etwa wenn ihr Vorsitzender Sjuganow bei Auslandsreisen offen zugibt, dass er sich nur aus Rücksicht auf die Stimmung unter den Anhängern seiner KPRF Kommunist nennt. In Wirklichkeit, so beruhigt er ausländische Politiker, seien er und seine Partei doch eher in der Nähe der Sozialdemokratie zu suchen - grundlegende Änderungen am politischen und wirtschaftlichen System, so versichert er ausländischen Investoren, werde es mit ihm nicht geben.
G. Sjuganow (6806 Bytes)Bedauerlich, dass das vielen Kommunisten in Russland (und anderswo) nicht aufzufallen scheint. Anscheinend lesen sie seine Interviews und Erklärungen nicht. Und so lassen sich russische Kommunisten dazu missbrauchen, einer Parteiführung zur Macht zu verhelfen, die sie genauso verrät, wie es jeder andere bürgerliche Politiker mit dem Volk tut. Kommunismus wird es so in Russland nicht geben - allem pseudorevolutionären Gerede Sjuganows von einer möglichen neuen Oktoberrevolution zum Trotz.
Aber noch eine andere Gefahr droht der KPRF. Da können führende Parteifunktionäre im Parlament und auf Parteikonferenzen offen gegen das „Judentum“ in Russland hetzen und Rassengesetze gegen Juden fordern und ernten dafür noch nicht einmal ein Fünkchen Widerspruch - eher im Gegenteil. Da paktiert die KPRF mit Schirinowskis Faschisten und anderen Rechtsradikalen.
Diese bedenkliche Nähe zum Faschismus, die zum großen Teil von der Verzweiflung weiter Teile der russischen Bevölkerung genährt wird, lässt traurige Erinnerungen an die dunkelsten Kapitel stalinistischen Terrors aufkommen. Dafür sorgen auch Äußerungen wie die des „kommunistischen“ Duma-Präsidenten Selesnjow, der die Zwangsarbeit wieder einführen möchte, „damit Verurteilte Gott jeden Tag um den Tod anflehen“. Das ist das Vokabular von Faschisten und Sadisten. Damit steht er in der Tradition des stalinistischen Henkers Berija - und das sollte wohl jedem ehrlichen Kommunisten zu denken geben und Angst machen.
Viele russische Kommunisten haben mit dem Ende der Sowjetunion ihre Orientierung verloren, denn einerseits hat das alte sowjetische System versagt und eine Rückkehr ist faktisch unmöglich, aber andererseits wissen sie auch nicht, was sie stattdessen machen sollen, denn ihnen fehlt eine klare Vorstellung, was die kommunistische Gesellschaft eigentlich ist und wie sie zu erreichen ist. Es wird Zeit, dass sich die russischen Genossen über ihr Ziel klar werden und die nötigen programmatischen und personellen Entscheidungen treffen, sonst führen sie ihre Bewegung in die Katastrophe und rauben dem in Not versinkenden russischen Volk die Hoffnung auf einen Ausweg aus Ausbeutung und Armut.

T.D.

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Personen:

Pleitegeier

Zuerst hat er eine der beiden großen Weltmächte zugrunde gerichtet und ihr Volk in Armut gestürzt, jetzt hat er auch seine eigene Firma in den Bankrott geführt. Michael Gorbatschow, einstiger Chef der Sowjetunion, der sein Land und den Sozialismus kaputterneuerte, hat in der jüngsten Finanzkrise 80000 $ verloren, das gesamte Vermögen der von ihm gegründeten und geleiteten Stiftung. Mit dieser hatte er sich seit dem Ende seiner politischen Karriere durch Vortragsreisen, vorwiegend ins westliche Ausland, seinen Lebensunterhalt verdient. In Russland selbst ist nämlich kaum einer bereit, dem Karrieristen, der wie viele seiner „gewendeten“ Kollegen heute nichts mehr vom Kommunismus wissen will, auch nur eine müde Mark zu geben.
Dass er nun nach dem Vermögen seines Volkes auch sein eigenes verspielt hat, zeigt nur um so deutlicher seine Unfähigkeit - und ist daher nur gerecht. Vielleicht muss er ja nun endlich ehrlich arbeiten. Aber diese Gefahr ist wohl eher gering, denn der dankbare Westen wird dem Mann, der ihm die Sowjetunion ausgeliefert hat, wohl wieder hilfreich unter die Arme greifen.

T.D.

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Spruch des Monats:

Bevor man die Welt verändert, wäre es vielleicht doch wichtiger, sie nicht zugrunde zu richten.

[Paul Claudel]

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Flagge 'Iraqs (11391 Bytes)Schwerpunkt - 'Iraq:

Bomben und Lügen

Dezember 1998 - ein neues Kapitel im Konflikt USA - 'Iraq hat begonnen: vier Tage dauern die Bomben- und Raketenangriffe der USA und Großbritanniens. Mehrere Angriffswellen rollen über das Land. Dann war alles vorbei, und alles sollte so weiter gehen wie bisher. Denn die USA und ihre Verbündeten hatten den 'Iraq auch in der Vergangenheit schon oft ungestraft angegriffen. Doch diesmal endete die Aktion mit einem politischen Fiasko, und sogar militärisch war sie ein Misserfolg, wenn man die realen Ergebnisse mit den offiziell erklärten Zielen vergleicht.
Flugzeug (21856 Bytes)Nach dem Ende des Golfkrieges forderten die USA unter dem Deckmantel der UNO vom 'Iraq, einseitig auf die Produktion von Massenvernichtungsmitteln zu verzichten und alle bereits vorhandenen solchen Waffen zu zerstören. Natürlich haben die USA mit ihren riesigen Arsenalen an atomaren, biologischen und chemischen Waffen, an Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen kein Recht, von anderen Staaten etwas zu fordern, wozu sie selbst nicht im Geringsten bereit sind. Aber trotzdem spielten und spielen sie sich gegenüber dem 'Iraq immer wieder als Hüter der Weltsicherheit und des Friedens auf. Folgerichtig war das offiziell erklärte Primärziel ihres Angriffs die Zerstörung angeblicher geheimer und illegaler Produktionsstätten von ABC-Waffen. Tatsächlich aber wurden nur ehemalige ABC-Produktionsstätten beschossen, die von den UN-Kontrolleuren bereits demontiert oder überwacht wurden, also inzwischen legale und ungefährliche Anlagen. Außerdem gingen Raketen und Bomben auf Produktionsstätten nieder, in denen Waffen zur Verteidigung gegen US-Angriffe gebaut wurden. Diese Waffenproduktion war gemäß den UNO-Vorschriften völlig legal und auch öffentlich bekannt - ganz im Gegensatz zu den Aussagen der US-Militärs. Der Angriff hat also offensichtlich sein offizielles Hauptziel nicht erreicht - oder vielmehr: ganz offensichtlich war das Hauptziel ein völlig anderes, nämlich den 'Iraq wehrlos gegen weitere Angriffe zu machen, um so weiter ungestraft auf ihn einschlagen zu können.
Aber selbst dieses geheime militärische Ziel haben die USA weit verfehlt. Geplant war, die radargesteuerten Bodenstationen der 'iraqischen Luftabwehr durch Gegenraketen zu zerstören, die sich am Radarstrahl der gegnerischen Bodenstationen bis ins Ziel „entlanghangeln“. Aber die 'iraqischen Bodenstationen blieben diesmal abgeschaltet, die Gegenraketen schossen ins Leere. So hat die 'iraqische Luftabwehr ihre wirksamste Waffe für den Fall gerettet, dass weitere Angriffe oder sogar eine Invasion folgen sollten. Außerdem gelang der konventionellen 'iraqischen Flugabwehr der Abschuss von mehr als 40 von insgesamt 415 US-Marschflugkörpern - eine Blamage für die USA, wenn man bedenkt, dass höchstens 5% Abschüsse als normal gelten. Mit Steinen gegen Hochtechnologie - bei amerikanischem Technikschrott offensichtlich doch nicht ganz so aussichtslos.
Doch das war nicht die letzte Peinlichkeit für die USA. Der Angriff, so wurde gesagt, sollte die Angriffsfähigkeit des 'Iraqs schwächen. Ebenso wie im Fall der ABC-Waffen haben die USA natürlich moralisch kein Recht, anderen Staaten ihre Angriffsfähigkeit vorzuwerfen, denn schließlich halten sie selbst an der atomaren Erstschlagsstrategie fest und haben schon oft als erste militärische Gewalt angewendet. Aber auch hier spielen sie sich als Richter und Vollstrecker auf - ihr angebliches Ziel: die Bedrohung seiner Nachbarn durch den 'Iraq zu beenden. Tatsache ist jedoch, dass weder Panzer noch andere Armee-Einrichtungen beschossen wurden, so dass es keinerlei Effekt auf die militärische Stärke 'Iraqs gab. Stattdessen wurden Kasernen der Republikanischen Garde sowie die Hauptquartiere des Geheimdienstes und der regierenden Baath-Partei getroffen. Ziel war also keinesfalls eine militärische Schwächung 'Iraqs, den sich die USA für die Zukunft gern als starken Verbündeten erhalten würden, sondern einzig und allein der Sturz des anti-amerikanischen und unabhängigen Regimes. Dessen Machtstützen sollten angeschlagen werden - doch auch das ging schief. Kurz nach Beginn der Krise waren die Kasernen der Garde evakuiert und die Unterlagen aus den Hauptquartieren in Sicherheit gebracht worden. Die US-Bomben trafen leere Gebäude - und das noch nicht einmal besonders gut. Die US-Militärs hatten die 'iraqische Regierung offensichtlich völlig unterschätzt. Es ist ziemlich dumm, seinen Gegner für dumm zu halten.
Bomben (17912 Bytes)Hinter allen milit&rischen und politischen Zielen - den offiziellen wie den tatsächlichen - steht noch ein anderer Grund für den Angriff. US-Präsident Clinton brauchte einen außenpolitischen Erfolg, um seine innenpolitischen Schwierigkeiten zu überspielen. Dafür mussten hunderte von unschuldigen und unbeteiligten Menschen im 'Iraq sterben. Und wer ist Schuld daran? Der 'Iraq natürlich, sagen die USA. Auf das Opfer zu zeigen und „Haltet den Dieb!“ zu rufen, ist typisch für Kriminelle. Die 'iraqische Diktatur lässt auch Kommunisten verfolgen, weshalb uns sicher keine besonderen Sympathien für dieses Regime vorzuwerfen sind und wir es auf keinen Fall verteidigen wollen. Aber Opfer der Angriffe ist auch nicht die 'iraqische Regierung, sondern das 'iraqische Volk. Und deshalb sind die Argumente der USA die gleichen wie die jedes beliebigen Geiselnehmers, der seiner Geisel das Messer an den Hals setzt und sagt: Wenn ihr nicht tut, was ich verlange, dann seid ihr Schuld an dem, was dann geschieht! Man macht das Opfer zum Täter, um sich so moralisch reinzuwaschen - das ist die Psychologie von Psychopathen - und von solchen Leuten lässt sich das amerikanische Volk regieren. Vietnam hat offensichtlich nicht gereicht. Muss es wirklich erst noch schlimmer kommen, damit das amerikanische Volk endlich lernt und solche Verbrechen nicht mehr zulässt?

T.D.

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Schwerpunkt - 'Iraq:

Das Echo des Krieges

Die Krise um den 'Iraq kochte im Dezember 1998 nicht zum ersten Mal. Und auch Luftangriffe hatte es schon früher gegeben. Diesmal jedoch begingen die USA mehrere entscheidende Fehler, die ihre Aggression schließlich in ein internationales Fiasko verwandelten.
1) Die USA und Großbritannien hatten diesmal kein UNO-Mandat - und hätten auch keines bekommen. Daher fehlte diesmal das Argument der Legalität. Zwar wurde, wie in solchen Fällen üblich, die rechtliche Lage zurechtinterpretiert, aber die Mehrzahl der Staaten ließ sich davon nicht beeindrucken.
2) Es war der USA bei den bisherigen Krisen immer gelungen, den 'Iraq als den Schuldigen erscheinen zu lassen. Diesmal jedoch gab es Pannen im Ablauf und in der Geheimhaltung. So wurde beispielsweise klar, dass UN-Chefkontrolleur Butler im Auftrag der USA den Vorwand für den Angriff erlogen und konstruiert hatte.
3) Der Zeitpunkt des Angriffs wurde nur wegen der innenpolitischen Situation in den USA gewählt und war so ungünstig, dass sich selbst die US-Verbündeten in der arabischen Welt gegen die USA stellen mussten. Der Angriff begann wenige Tage vor dem Ramadan, der wegen seiner symbolischen Bedeutung auf die moslemische Bevölkerung eine starke emotionale Wirkung ausübt. Der Hinweis, man wolle die Angriffe noch vor dem Beginn des Ramadan beenden, um niemanden in seinen religiösen Gefühlen zu verletzen, wurde angesichts der zu erwartenden Toten, deren Trauerzeit in den Ramadan fiel, als blanker Hohn empfunden.
Nicht nur US-Verbündete wie die Regierungen von Ägypten und Saudi-Arabien sprachen sich gegen den Angriff aus, da sie Gegenreaktionen ihrer Völker befürchten mussten, die auch ihnen letztlich die Macht kosten könnten. Auch 'Iraqs bisheriger Intimfeind Syrien versicherte den „Brüdern im 'Iraq“ Mitgefühl und Unterstützung. Inzwischen hat Syrien auch seinen Luftraum für den Überflug von UN- und US-Überwachungsflugzeugen gesperrt. Die USA haben es also geschafft, 'Iraq und Syrien nach jahrzehntelangem Streit um die Spaltung der in beiden Ländern regierenden Baath-Partei wieder einigermaßen zu versöhnen. Die „teile-und-herrsche“-Strategie der USA gerät ins Wanken.
Auch der europäische Verbündete Frankreich, der einfach übergangen wurde, ist sauer - wie auch Russland und China, die sich in ihrem Großmachtanspruch beleidigt fühlen. Kein Wunder allerdings, dass ausgerechnet die deutsche Bundesregierung die USA ihrer Solidarität für diesen Akt der Gewalt versicherte. Gegenüber Jugendlichen reden die systemtragenden Parteien immer davon, dass Gewalt kein Mittel zur Konfliktlösung sei. Aber natürlich gilt das nicht für staatliche Gewalt gegen das Volk, egal ob gegen das eigene oder gegen ein anderes - welch verlogene Doppelmoral.
Für den 'Iraq war der Angriff die Gelegenheit, endlich seine volle Souveränität wieder herzustellen. Die verräterische UNSCOM wurde aus dem Land gejagt, und die von der USA und nicht von der UNO verhängten völkerrechtswidrigen „Flugverbotszonen“ werden nun ignoriert und verteidigt. Kein Land der Welt duldet auf die Dauer eine Beschneidung seiner staatlichen Rechte und seines Territoriums. Aber der 'Iraq wird für etwas verurteilt und bestraft, was für andere durchaus nicht friedliche und menschenfreundliche Staaten als völlig normal gilt.
Die USA dulden keine unabhängige Politik. Das haben sie in Korea, Vietnam und Grenada genauso bewiesen, wie im Falle von Cuba, Libyen und Jugoslawien. Und da es zur Zeit nicht so aussieht, als würde sich der 'Iraq wieder erpressen lassen, wird wohl die aktuelle 'Iraq-Krise noch weiter andauern. Zur Zeit gibt es leider weltweit keine Kraft, die sich diesem Treiben der USA wirksam in den Weg stellen könnte. Mit der Sowjetunion ist auch die Hemmschwelle für militärische Gewalt verschwunden. Um so mehr steht vor uns die Aufgabe, uns gegen Staatsterrorismus politisch zu organisieren. Es reicht nicht, bloß Zeitung zu lesen und sich aufzuregen. Es wird leider noch viele Tote geben, bis das die Mehrheit der Menschen begriffen hat.

T.D.

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Schwerpunkt - 'Iraq:

UNO im Zwielicht

Das Gerangel zwischen dem 'Iraq und der United Nations Special Commission UNSCOM, die die Zerstörung von Massenvernichtungsmitteln und deren Produktionsanlagen im 'Iraq überwachen soll, geht nun schon seit Jahren. Sobald die 'iraqische Regierung es wagte, die Wiederherstellung ihrer Souveränität zu verlangen, stellte die UNSCOM neue Behauptungen über angebliche geheime Waffenproduktionen auf und warf dem 'Iraq Verstöße gegen UNO-Beschlüsse vor. Immer wieder wurde dies von den USA und ihren Verbündeten im UN-Sicherheitsrat dankbar als Vorwand genommen, um diesen zur Zustimmung zu Militärschlägen zu bewegen. Die Proteste 'Iraqs, insbesondere, dass die UNSCOM entgegen ihres Auftrags in Wirklichkeit für die USA spioniert und Vorwände konstruiert, wurde einfach vom Tisch gewischt.
Anfang Dezember war wieder einmal eine solche Krise vorbei. Die UNSCOM hatte wieder neue, teilweise undurchführbare Forderungen gestellt - beispielsweise die Einsichtnahme in nachweislich längst vernichtete Akten. Und so hatten sich die USA bereits auf einen neuen Angriff gegen den 'Iraq gefreut. Doch in letzter Minute gelang es der 'iraqischen Regierung noch, vor der UNO die Argumente von UNSCOM und USA zu entkräften.
UNO-Flagge (3910 Bytes)Doch US-Präsident Clinton wollte unbedingt einen Angriff. Deshalb wurde umgehend ein neuer Vorwand konstruiert. UNSCOM-Chef Butler schickte einen Bericht an den UNO-Generalsekretär, in dem er über angebliche mangelnde Kooperation und nichterfüllte Verpflichtungen 'Iraqs berichtete, die keinen Fortschritt bei der Überwachung der 'iraqischen Abrüstung zuließen. Und natürlich war dieser Bericht eher öffentlich bekannt, als er auf dem Tisch des Generalsekretärs lag.
Noch bevor die UNO dazu Stellung nehmen konnte, erklärten die USA, dass nun ein Angriff nötig sei. Schnelles Handeln war erforderlich, denn es sah nicht so aus, als ob Sicherheitsratsmitglieder wie Russland, Frankreich und China ihre Zustimmung geben würden. Die Tagung des UN-Sicherheitsrates zum Thema hatte gerade begonnen, da kam die Nachricht vom Beginn des Angriffs. Die UNO war übergangen und ausgeschaltet worden und musste hilflos das Geschehen mit ansehen.
Inzwischen ist klar, dass der Bericht der UNSCOM, der Vorwand für den Angriff, auf Lügen basierte, wie auch aus einem Bericht der Internationalen Atomenergieorganisation hervorgeht. Auch jetzige und ehemalige Mitglieder der UNSCOM selbst bestätigen das. Und bis heute gibt es eine ganze Serie weiterer Eingeständnisse.
Wappen 'Iraqs (23522 Bytes)Zuerst gaben US-Regierungsbeamte zu, dass die UNSCOM zumindest seit Anfang 1998 für die CIA arbeitete. Während der UNO-Generalsekretär noch damit beschäftigt war, die von seinem Büro bestätigte Meldung zu dementieren, enthüllte das ehemalige UNSCOM-Mitglied Scott Ritter weitere Einzelheiten. Und bald musste sogar das US-Außenministerium offiziell zugeben, dass die Planungsdaten für den Angriff von der UNSCOM stammten.
Von Anfang an waren die Geheimdienste bei der UNSCOM dabei. Mindestens sechs Inspektoren arbeiteten für die US-Geheimdienste CIA, DIA und NSA. Vertreten waren auch der britische MI6 und der deutsche BND. Mit dem israelischen Mossad gab es eine enge Zusammenarbeit und Austausch von Spionagetechnik und -daten. Die UNSCOM hat für die Geheimdienste spioniert, Abhörtechnik installiert und Daten gefälscht.
Selbst die UNO musste inzwischen zugeben, dass UNSCOM-Chef Butler tatsächlich für die USA gearbeitet hat. Offenbar waren alle Anschuldigungen 'Iraqs gegen die UNSCOM und deren Chef völlig berechtigt und absolut zutreffend. Die UNO hatte sich von den USA vorführen und missbrauchen lassen. Aber trotzdem hat sich die UNO bis heute weder beim 'Iraq entschuldigt, noch den völkerrechtswidrigen Angriff der USA und Großbritanniens verurteilt.
Die Rolle der UNO ist spätestens seit dem Ende des Warschauer Paktes die eines „Überstaates“ - eines Machtinstruments der USA, um unliebsame Staaten „legal“ unterdrücken zu können. Was hingegen ihre viel gerühmte „neue Rolle“ als Friedensbringer betrifft - nun, die Reihe ihrer Misserfolge darin ist lang. Die Konflikte in Zypern, Westsahara, Somalia und Indonesien (Osttimor) konnten ebensowenig gelöst werden, wie die Probleme mit Bosnien, Kosovo und Libyen. Und so bleibt die UNO im Zwielicht zwischen Missbrauch und Ohnmacht gefangen.

T.D.

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Internationale Politik

Kambodscha - Nachtrag

Im Kalenderblatt der letzten Ausgabe erinnerten wir an die Schreckensherrschaft des Pol-Pot-Regimes zwischen 1975 und 1979 in Kambodscha. Nach dem Überlaufen ihrer Truppen haben sich nun zwei weitere der drei letzten im Dschungel versteckten Führer der Roten Khmer der kambodschanischen Regierung angeschlossen. Khieu Samphan und Nuon Chea haben sich nicht etwa ergeben, sondern sind zur Regierung übergelaufen. Sie befinden sich auf freiem Fuß in der Provinz Pailin. Das ist übrigens die Provinz, die ihrem alten Kumpan Ieng Sari für dessen Überlaufen „geschenkt“ worden war.
Nachdem der jetzige Regierungschef Hun Sen den ehemaligen Anführern des Pol-Pot-Regimes zuerst Straffreiheit zusicherte, musste er nach wachsenden Protesten im In- und Ausland nun doch einen Rückzieher machen und kündigte an, Khieu Samphan und Nuon Chea wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht zu stellen. Ein Haftbefehl wurde allerdings noch nicht ausgestellt, ja es existiert noch nicht mal das entsprechende Gericht und einen zeitlichen Terminplan gibt es auch nicht - es bleibt also genug Zeit für die beiden, sich eventuell in Sicherheit zu bringen. Vielleicht hofft Hun Sen ja auch, dass sich das Problem von selbst löst, oder im Sande verläuft, wenn sich die Wogen der Empörung wieder geglättet haben. Um so mehr beeindruckt das Verhalten des kambodschanischen Königs Norodom Sihanouk. Er will sich von sich aus einem Tribunal stellen und sich für seine Rolle während des Pol-Pot-Regimes verantworten.
Der letzte Führer des Pol-Pot-Regimes, der sich jetzt noch im Dschungel versteckt hält, ist Ta Mok, der sogenannte „einbeinige Schlächter“. Aber wenn man sich die „Vergangenheitsbewältigung“ à la Kambodscha ansieht, so wird sich bestimmt auch für ihn noch ein Platz im Regierungsboot finden.

K.H.

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Internationale Politik

Verurteilungen in China

In China läuft zur Zeit wieder einmal eine ganze Welle von Verurteilungen demokratischer Regimegegner. Für die Strafen von bis zu 13 Jahren Haft wegen Subversion, Gründung einer oppositionellen Partei und Veröffentlichung von „politisch illegalen“ Texten hat sich die chinesische Regierung eine hübsche Ausrede einfallen lassen. In China, so heißt es, gäbe es keine politischen Gefangenen, sondern alles seien nur gewöhnliche Kriminelle.
Natürlich brechen diese Leute das Gesetz und sind somit in den Augen der Machthaber kriminell. Das ändert jedoch nichts daran, dass die betreffenden Gesetze politische Betätigung verbieten, also die für ihre Übertretung Verurteilten politische Gefangene sind.
Die meisten Dissidenten in China wollen eine prowestliche Gesellschaft, die sehr wenig mit Kommunismus, dafür aber sehr viel mit Ausbeutung und Ungerechtigkeit zu tun hat und können daher kaum mit unserer politischen Sympathie rechnen. Aber die Führer des Staates und der KPC, haben ebenfalls sehr wenig mit Kommunisten gemein. Kommunisten haben nämlich den Mut, ihren Gegnern offen ins Gesicht zu sehen und sich ihren Argumenten zu stellen, denn sie können sich der Stärke ihrer eigenen Argumente sicher sein. Dazu ist die chinesische Führung offensichtlich zu feige - und das ist auch kein Wunder. Mit ihrem Verhalten beschmutzt die Kommunistische Partei Chinas den Namen des Kommunismus. Wir werden jedenfalls auch weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung einfordern - überall - und für alle. Nicht nur für uns - sondern auch für unsere Gegner.

T.D.

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Kalenderblatt:

Berufsverbote und Schikanen

Anfang der 70er Jahre war die studentische Protestbewegung schon mehr oder weniger zum Erliegen gekommen oder in „ungefährlichere“ Bahnen abgeschwenkt. Aber viele Gruppierungen und Personen, die sich mit dem Erreichten nicht zufriedengeben wollten und weiterhin aktiv für progressive Veränderungen der Gesellschaft in der Bundesrepublik eintraten, hatten sich in der Außerparlamentarischen Opposition (APO) zusammengefunden und einen „langen Marsch durch die Institutionen“ angekündigt. Daneben existierten auch noch anarchistische Gruppierungen, wie die Baader/Meinhof-Gruppe, die zwar zahlenmäßig bedeutungslos waren, aber durch eine Anzahl von spektakulären terroristischen Anschlägen gegen Vertreter und Symbole des Ausbeutungssystems auf sich aufmerksam machten.
Demo (78803 Bytes)Diese Atmosphäre, die die unpolitischen „braven Bürger“ in Angst und Schrecken versetzte, bot den Anlass dafür, dass die damals als „Establishment“ bezeichneten herrschenden Machtgruppen das Schreckgespenst einer Unterwanderung des Staatswesens durch verfassungsfeindliche Kräfte beschworen. Als Folge dessen wurden am 28. Januar 1972 von der Konferenz der Ministerpräsidenten der Bundesländer „Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im Öffentlichen Dienst“ beschlossen. Der in der folgenden Zeit als „Radikalenerlass“ bekannt gewordene Beschluss bildete die rechtliche Grundlage für die Überprüfung der „Verfassungstreue“ aller Bewerber für den öffentlichen Dienst. Bis 1976 wurde dieser Beschluss auch in den SPD-regierten Ländern in Kraft gesetzt und ist in den CDU/CSU-regierten Bundesländern bis heute gültig. Damit konnten und können Mitglieder von als „extremistisch“ eingestuften Parteien und Organisationen abgelehnt werden, auch wenn diese nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten sind - ein Akt der Willkür.
Der „Radikalenerlass“ betraf Mitglieder der DKP genauso, wie Mitglieder von Bürgerbewegungen, anderen linken Gruppen und selbst linke Sozialdemokraten. Vor allem viele Lehrer, die normalerweise unkündbare Beamte waren, wurden aus dem Dienst entlassen und faktisch mit Berufsverbot belegt. Das alles auf der Grundlage eines Erlasses, also nicht einmal eines Gesetzes. Dabei sind es oft und gerade linke Kräfte, die sich besonders für die Einhaltung und Durchsetzung der im Grundgesetz verankerten Rechte einsetzen und dafür auch noch als Verfassungsfeinde kriminalisiert werden. Die Mächtigen in diesem Land hingegen ändern das Grundgesetz einfach, wenn es ihnen nicht passt - siehe Asylrecht und Lauschangriff.

K.H.

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Innenpolitik:

Volle Deckung!

Gewerkschaften sollen für die Interessen ihrer Mitglieder eintreten. Und so forderte die Gewerkschaft der Polizei GdP kürzlich wirksamere Waffen für Polizisten. Deformationsgeschosse, so wurde argumentiert, können Angreifer schneller stoppen und würden so die Sicherheit der Beamten erhöhen. Nun ist es ja sonst eher selten, dass Gewerkschaftsforderungen schnell und vor allem freiwillig erfüllt werden. In diesem Fall jedoch dauerte es nur Tage, bis die Innenministerien mehrerer Bundesländer, darunter Sachsen-Anhalt, die wohlwollende Prüfung des Vorschlags zusicherten.
Deformationsgeschosse reißen im Gegensatz zu den konventionellen Vollmantelgeschossen besonders große, schwere und schwerste Verletzungen. Wirksamer bedeutet hier also: besonders tödlich - oder besonders grausam, falls das Opfer das „Glück“ haben sollte, zu überleben. Die Folgen wären große Qualen und erhebliche Verstümmelungen, die ein Leben lang „schöne“ Erinnerungen an die „tüchtige“ Polizei bleiben würden.
Das, so sagen Polizei und Ministerien, müsse man eben in Kauf nehmen, das sei eben der Preis der Sicherheit. Das können sie natürlich auch leicht sagen, denn es ist ja nicht die Polizei, die diesen Preis zu zahlen hat - sondern ihre Opfer. Angesichts der jüngsten Vorfälle von verantwortungslosem Schusswaffengebrauch durch die Polizei und von zweifelhaften Todesschüssen, deren Opfer nicht nur Kriminelle, sondern auch Unschuldige wurden, ist das der blanke Hohn. Erst im Dezember berichtete Das rote Virus über die Tötung zweier Brüder durch die Münchener Polizei.
Beretta (5340 Bytes)Die Mehrzahl der „braven Bürger“ lässt sich immer wieder erfolgreich einreden, eine immer stärkere Bewaffnung und immer größere Rechte für die Polizei, der „große Lauschangriff“ und andere Maßnahmen zur Verminderung der Bürgerrechte würden ihrem Schutz dienen. Denn sie glauben, dass sich so etwas nur gegen Kriminelle richtet, niemals aber gegen gesetzestreue Bürger. Aber auch wenn es die meisten noch nicht bemerkt haben - wir leben schon längst in einem Polizeistaat, in dem Bürger, ohne etwas getan zu haben, ohne Gerichtsbeschluss willkürlich eingesperrt werden können („Unterbindegewahrsam“), aufgrund ihres Aussehens willkürlich aus Städten verbannt werden können („Platzverweis“) und, ebenfalls ohne Gerichtsbeschluss, von Geheimdiensten bei ihrer Telekommunikation abgehört werden dürfen (sogenannter „elektronischer Staubsauger“ des BND). Dieser Staat ist gefährlich und er lügt. Und seine Werkzeuge werden immer effektiver und tödlicher. Niemand ist wirklich sicher - das sollte man nicht vergessen.

T.D.

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Soziales:

Familiengehalt

Immer wieder wird über die Familien- und Kinderunfreundlichkeit der Gesellschaft geklagt und Veränderungen werden gefordert, die das Leben von Familien und die Entscheidung für Kinder erleichtern. Nun kam ein interessanter Vorschlag dazu überraschenderweise ausgerechnet aus den Reihen der CDU-Sozialausschüsse. Diese wollen sich für die Einführung eines vollwertigen „Familiengehaltes“ einsetzen, mit dem Erwerbs- und Erziehungsarbeit einander gleichgestellt werden sollen.
Familienministerin Bergmann (SPD) lehnte diesen Vorschlag prompt mit der Begründung ab, dass ein Erziehungsgehalt Frauen vom Erwerbsleben fernhalten könne. Statt dessen tritt sie für ein „Gleichstellungsgesetz“ ein, das „Frauenförderpläne“ etc. unterstützt. Den Frauen und Männern, die sich entscheiden, für ihre Kinder zu Hause zu bleiben, hilft das natürlich überhaupt nicht. Sie sind weiterhin größtenteils vom Partner abhängig - und Alleinerziehende haben schon gar keine Wahl, wenn sie nicht von Sozialhilfe leben wollen.
Ein Familiengehalt würde statt dessen die Aufwertung von Erziehungsarbeit in den Augen einer Gesellschaft bedeuten, deren Motto häufig ist: Was nichts kostet, ist auch nichts wert! Mütter und Väter könnten frei entscheiden, wieviel Zeit sie ihren Kindern widmen wollen, ohne das Abrutschen in die Armut oder die totale finanzielle Abhängigkeit vom Partner (mit allen negativen Folgen für das Selbstwertgefühl) in Kauf nehmen zu müssen. Das wäre nicht zuletzt auch für die Kinder ein Gewinn.
Überraschend ist der CDU-Vorschlag deshalb, weil solche sozialen Töne von seiten der CDU bisher eigentlich ungewohnt sind. Die Rolle der CDU als Oppositionspartei treibt schon interessante Blüten. Aber eine gute Sache bleibt gut, unabhängig davon, wer sie vorschlägt. Und deshalb unterstützen wir den Vorschlag der CDU.

K.H.

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Medizin:

Der Streit um die Pille

Der Amtsantritt der neuen sozialdemokratisch-grünen Regierung in Bonn hat dazu geführt, dass sich der Hersteller der Abtreibungspille RU 486 nun doch um die Zulassung des Medikaments unter dem Namen „Mifegyne“ in Deutschland bemüht. Zu Zeiten der Kohl-Regierung war ein entsprechender Antrag von vornherein aussichtslos. Entsprechend hoch schlagen jetzt wieder die Wellen wie zur Zeit der Verhandlungen über den Abtreibungsparagraphen §218.
Die Ablehnung der Abtreibungspille wird die Zahl der Abtreibungen nicht senken. Wenn sich eine Frau aus einer Notlage oder Indikation heraus zur Abtreibung entschließt, wird sie es tun, ob es RU 486 nun gibt oder nicht. Das neue Medikament würde nur die medizinischen Möglichkeiten um eine für die Betroffenen schonendere Alternative zur Operation erweitern.
Aber Männern wie Bischof Meissner reicht scheinbar nicht die Kriminalisierung der betroffenen Frauen - nein, diese sollen wohl auch noch möglichst viel unter dem Eingriff leiden?

K.H.

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Soziales:

Armut im Manipulismus

Innerhalb der letzten 30 Jahre hat sich der Anteil der Sozialhilfeempfänger an der deutschen Bevölkerung von weniger als 1% auf 3,5% - fast 3 Millionen - fast vervierfacht. Damit hat sich die Lage der Benachteiligten wesentlich verschlechtert, aber trotzdem bleibt Armut in der BRD eine gesellschaftliche Randerscheinung. Diese Tatsache ist Ausdruck eines speziellen Effektes, der den heute herrschenden Manipulismus vom Kapitalismus unterscheidet. Im Gegensatz zu diesem trifft die Verelendung und Verarmung heute nicht mehr breite Teile des Volkes, sondern nur noch eine Minderheit, auf die immer mehr Lasten der Gesellschaft abgewälzt werden. Der Mehrheit geht es mehr oder weniger gut bis blendend, so dass die meisten mit ihrer Situation zufrieden sind und sich nicht mit den Benachteiligten solidarisieren, außer vielleicht in Worten. Damit wird nicht nur die zufriedene Mehrheit politisch deaktiviert, sondern auch die benachteiligte Minderheit, die einfach keine Alternative mehr sieht und deshalb resigniert, statt zu kämpfen.

T.D.

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Klassikerzitat:

„Arbeit ist eine Ware, so gut wie jede andere. Der Preis einer Ware wird aber von der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit bestimmt. Was ist also notwendig, um die Ware Arbeit zu produzieren? Genau das, was notwendig ist, um die Summe der für die Erhaltung des Arbeiters und für den Ersatz seines Kräfteverbrauchs unentbehrlichen Waren zu produzieren, damit er leben und irgendwie seine race fortpflanzen kann. Wir brauchen jedoch nicht anzunehmen, dass die Arbeiter niemals über diese unterste Grenze emporgehoben oder unter dieselbe hinabgedrückt werden. Durchaus nicht; nach diesem Gesetz wird es der Arbeiterklasse zeitweise besser gehen. Zeitweise werden sie mehr als das Existenzminimum haben, aber dieses Mehr wird nur der Zusatzbetrag sein, der ihnen zu anderer Zeit - in der Zeit der industriellen Stagnation - wieder am Existenzminimum fehlt. Das heißt, dass während einer bestimmten Zeitspanne, die jeweils periodisch auftritt, in der die Wirtschaft den Kreislauf Prosperität, Überproduktion, Stagnation und Krise durchmacht - wenn wir den Durchschnitt dessen nehmen, was der Arbeiter über oder unter dem Existenzminimum erhält -, es sich herausstellt, dass er im ganzen weder mehr noch weniger als das Minimum erhalten hat; oder mit anderen Worten, dass die Arbeiterklasse sich als Klasse erhalten haben wird nach großem Elend und großen Leiden und nachdem sie viele Tote auf den Schlachtfeld der Industrie zurückgelassen hat.“

Friedrich Engels: Der Freihandelskongress in Brüssel; Marx-Engels-Werke (1983, Bd. 4, S. 307)

Kommentar: Die Beschränkung der Arbeiter auf das Existenzminimum trifft in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr zu. Auch dass der Preis einer Ware von der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit bestimmt wird, ist zumindest heute nicht mehr korrekt. Dieses Zitat zeigt, dass die Erkenntnisse von Engels über die zweite Phase des Kapitalismus nicht kritiklos auf den heutigen Manipulismus übertragen werden können.

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CD (3129 Bytes)Medien:

Chris de Burgh - „Making the Perfect Man“

Chris de Burgh (99104 Bytes)Der britische Popsänger Chris de Burgh hat nun schon seit Jahrzehnten eine treue Fangemeinde. Die Charts waren nie sein Hauptziel (auch wenn Songs wie „Lady in Red“ oder „Don't pay the Ferryman“ wohl den meisten bekannt sein dürften), und so blieb er seiner Musik über all die Jahre treu. Seine Songs reichen von lyrischen Liebesliedern bis zu Balladen, die Geschichten aus vergangenen Zeiten erzählen und den Zuhörer auf ihre eigene Art verzaubern.
Viele von Chris de Burgh's Texten sind politisch engagiert, ohne ideologielastig zu sein. Er legt den Finger auf die Wunde und regt zum Nachdenken an. Die Schlüsse kann er dann getrost dem Zuhörer überlassen.
Einen Song von seiner 92er CD „Power of Ten“ wollen wir heute vorstellen. Der Text des Liedes spricht für sich. Chris de Burgh lässt eine Frankenstein-Horrorvision erstehen und warnt vor der letzten Konsequenz des Manipulismus: der genetischen Erzeugung des Menschen nach Wunsch. Doch das Monster, das da erschaffen wird, wirkt nicht schon äußerlich abstoßend. Im Gegenteil, es hat beste Manieren und die Unverbindlichkeit, die nötig sind, um Menschen zu manipulieren und zu betrügen. Und damit lässt er sich prima einsetzen: Politiker, die unter dem Deckmantel der „Friedenssicherung“ Kriege anstrengen; Nachrichtenagenturen, die Nachrichten „machen“ oder nur einseitig berichten; Banken, die mit dem Geld ihrer Kunden überragende Gewinne einstreichen und die Verluste auf sie abwälzen - sie alle sind im Manipulismus die Stützen des Systems der Ausbeutung.
Und die Warnung Chris de Burgh's ist aktuell. Klonungsexperimente mit menschlichem Erbgut, die Freigabe von Embryos für die Forschung in Belgien, Entwicklungen, die auf die Steuerung des Unterbewusstseins mit Hilfe von Düften abzielen - solche Nachrichten zeigen, dass das Ungeheuerliche eigentlich schon begonnen hat: Die Schaffung des „perfekten“ Menschen. Der Manipulismus ist nicht nur schon in Sichtweite, sondern wir stecken bereits mittendrin. Deshalb ist es auch so wichtig, die Menschen immer wieder darauf aufmerksam zu machen. Denn wer die Mechanismen kennt, ist nicht mehr so leicht manipulierbar.

K.H.

„Making the Perfect Man“

„Schaffung des perfekten Menschen“

It was way after midnight, all the village was asleep,
All except for one young villain through the night did creep,
He went down to the church, started ringing the bell,
Everybody came out looking, running like the hounds of hell;

Es war nach Mitternacht, das ganze Dorf schlief,
alle bis auf einen Jungen, der durch die Nacht schlich,
Er ging hinunter zur Kirche, begann die Glocken zu läuten,
Jeder kam um nachzusehen, rennend wie von Hunden gehetzt;

„There are lights in the castle, they are blazing all night long,
Let me tell you everybody there is something going on;“
So they took to the torches and went over the wall,
Someone went ahead to tell of horrors hiding in the hall;

„Da sind Lichter in der Burg, sie brennen die ganze Nacht,
Ich sage euch allen, da geht etwas vor sich;“
Also nahmen sie die Fackeln und kletterten über die Mauer,
Einer, der vorausgegangen war, erzählte von dem Horror in der Halle;

‚What did you see?‘ - ‚I saw an apparition,‘
‚What did you see?‘ - ‚A monster on a bed,‘
‚What did you see?‘ - ‚I saw an old magician,
Waking up the living from the dead!‘

‚Was hast du gesehen?‘ - ‚Ich sah ein Gespenst,‘
‚Was hast du gesehen?‘ - ‚Ein Monster auf einem Bett,‘
‚Was hast du gesehen?‘ - ‚Ich sah einen alten Magier,
wie er die Toten wieder auferstehen ließ!‘

Keep away, keep away, they are making the perfect man,
Keep away, keep away, they are making the perfect,
Making the perfect man!

Halt dich fern, halt dich fern, sie schaffen den perfekten Menschen,
Halt dich fern, halt dich fern, sie schaffen den perfekten,
schaffen den perfekten Menschen!

So they called for the doctor, the doctor said ‚It's strange,
He's got pistols on his fingers, he's got love on the brain,
He's got a tongue good for lying and the legs to run away,
He will fool all the people all the time some day!‘

Und so riefen sie den Arzt, der Arzt sagte ‚Das ist seltsam,
Er hat Pistolen an seinen Fingern, er hat Liebe im Gehirn,
Er hat eine Zunge, gut zum Lügen und Beine um wegzurennen,
Eines Tages wird er alle Menschen für immer betrügen!‘

‚What will he be?‘ - ‚A leader of the country,‘
‚What will he be?‘ - ‚A member of the press,‘
‚What will he be?‘ - ‚A banker selling moonbeams,
You can watch your money going west!‘

‚Was wird er sein?‘ - ‚Ein Führer des Staates,‘
‚Was wird er sein?‘ - ‚Einer von der Presse,'
‚Was wird er sein?‘ - ‚Ein Banker, der Mondstrahlen verkauft,
Du kannst sehen, wie dein Geld nach Westen geht!‘

Keep away, keep away, they are making the perfect man,
Keep away, keep away, they are making the perfect,
Making the perfect, making the perfect man!

Halt dich fern, halt dich fern, sie schaffen den perfekten Menschen,
Halt dich fern, halt dich fern, sie schaffen den perfekten,
schaffen den perfekten, schaffen den perfekten Menschen!

‚I'd like to spend a night with you,
and show you what I am …‘

‚Ich möchte eine Nacht mit dir verbringen,
und dir zeigen, was ich bin …‘

‚What will he be?‘ - ‚Could make a politician,‘
‚What will he be?‘ - ‚A member of the press,‘
‚What will he be?‘ - ‚A banker selling moonbeams,
You can watch your money, you can watch your money,
you can watch your money going west!‘

‚Was wird er sein?‘ - ‚Könnte ein Politiker werden,‘
‚Was wird er sein?‘ - ‚Einer von der Presse,‘
‚Was wird er sein?‘ - ‚Ein Banker, der Mondstrahlen verkauft,
Du kannst sehen, wie dein Geld nach Westen geht!
Du kannst sehen, wie dein Geld nach Westen geht!‘

Keep away, keep away, they are making the perfect man,
Keep away, keep away, they are making the perfect,
Making the perfect man!

Halt dich fern, halt dich fern, sie schaffen den perfekten Menschen,
Halt dich fern, halt dich fern, sie schaffen den perfekten,
schaffen den perfekten Menschen!

Perfect man, perfect man;
Making the perfect, making the perfect man!
I'd like to spend a night with you …
Making the perfect, making the perfect man!

Den perfekten Menschen, den perfekten Menschen;
Sie schaffen den perfekten Menschen
Ich möchte eine Nacht mit dir verbringen …
Sie schaffen den perfekten Menschen!

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Glosse:

Das wirkliche Leben

Noch vor wenigen Jahren fesselten Fernsehserien wie „Dallas“ die ganze Nation. Woche für Woche fieberten die Deutschen mit ihren Fernsehhelden. Heute ist diese Begeisterung längst verflogen, denn tägliche Talkshows haben den Platz der Seifenopern eingenommen. Und was sich hier täglich vor den Augen des Profi-Fernsehzuschauers abspielt, ist geradezu ein Feuerwerk an Dramatik und Action - voll aus dem Leben gegriffen. Schauen wir doch einmal hinein in eine Woche voll knisternder Spannung und bewegender Leidenschaft:

Zwischen Bärbel Schäfer und Andreas Türk scheint es seit einiger Zeit zu kriseln - und Vera am Mittag weiß auch genau, warum. Mit ihrem sprichwörtlichen psychologischen Feingefühl macht sie Andreas Türk klar: Das ist der „Krieg auf dem Klo: Du pinkelst immer im Stehen!“ Ja, das ist offenbar der Grund für die Probleme, denn Bärbel Schäfer meint dazu: „Wenn du so weitermachst, ist Schluss!“ Das will Andreas Türk natürlich nicht, und so sagt er ganz zerknirscht: „Bitte verzeih' mir!“ Vera am Mittag jedoch sieht in diesem Streit endlich eine Chance, sich den lang begehrten Andreas Türk zu angeln. Und so nutzt sie die Gelegenheit und einen Augenblick der Abwesenheit von Bärbel Schäfer, um ihm zuzuflöten: „Ich will mit dir gehen! Heute frag' ich dich!“ Aber Bärbel Schäfer hat das doch mitbekommen. Wutentbrannt scheit sie: „Dieser Promi macht mich wahnsinnig.“ Vera am Mittag lässt das allerdings völlig kalt, weiß sie doch ganz genau: „In meinem Dorf bin ich der King.“ Für Hans Meiser ist das natürlich eine Herausforderung, träumt er doch schon lange: „Ich wär' so gerne wie Til Schweiger.“ Und so meint er selbstbewusst - egal ob King oder nicht: „Ich leg' jede flach!“ Da kann Andreas Türk nur noch hilflos heulen: „Keiner denkt an mich!“ Nun, seine Ex-Freundin Sonja schon, aber er wollte ja unbedingt zu Bärbel Schäfer, was Sonja gar nicht versteht: „Bei mir hast du es doch gut gehabt.“ Das sieht Andreas Türk nun auch ein, und Vera am Mittag ist für ihn nun kein Thema mehr. Der bleibt deshalb nur noch festzustellen: „Ich stehe vor den Trümmern meines Lebens.“ Johannes B. Kerner macht dieselbe Erfahrung jedes Jahr, und deshalb tröstet er Vera am Mittag: So ist er eben, der „Alptraum Weihnachten“.

Die Talkshow-Themen sind dem Programm vom 21.12. bis 24.12.1998 entnommen. Wir bedanken uns bei RTL, SAT1 und PRO7 für die unfreiwillige Unterstützung.

T.D.

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Kultur:

Deutsch muss deutsch bleiben

Die CSU hat eindeutig klargemacht, dass sie gegen eine multikulturelle Gesellschaft in Deutschland ist. Von hier lebenden Ausländern wird erwartet, dass sie ihre Identität aufgeben und sich „unserer christlichen Leitkultur“ unterzuordnen haben. Wenn man bedenkt, dass 80% der Bevölkerung Ostdeutschlands keine Christen sind, kann man das wohl auch als Drohung gegen die Mehrheit der Ostdeutschen auffassen?
Wie lange wird es dauern, bis die CSU fordert, solch großartige deutsche kulturelle Errungenschaften für alle in Deutschland gesetzlich vorschreiben zu lassen, wie das Tragen deutscher Lederhosen und das Trinken reinen deutschen Biers?
Was man von den Kulturvorstellungen der CSU zu halten hat, kann man jedes Jahr eindrucksvoll sehen, wenn man sich die Auftritte von CSU-Politikern im Bierdunst des Münchner Oktoberfestes anschaut und anhört. Wenn das der Maßstab für deutsche Kultur ist, dann müsste „deutsch“ ja wohl gleich „primitiv“ bedeuten. Deshalb kann kein vernünftiger Mensch den Versuch der CSU akzeptieren, den Menschen eine bestimmte Kultur vorschreiben zu wollen. Es wird Zeit, dass das deutsche Volk die Vertreter des arroganten Deutschtums dorthin befördert, wohin sie seit 1945 eigentlich gehören: in die politische Vergangenheit.

T.D.

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Wissenschaftler (4918 Bytes)Wissenschaft:

Hochtechnologie oder Horrorvision?

Die Nachricht klang sensationell: Südkoreaner klonen menschlichen Embryo. Der erste geklonte Mensch! Was war geschehen? Wissenschaftler in Seoul hatten das Erbgut einer weiblichen menschlichen Körperzelle in eine entkernte Eizelle eingeführt und zwei Zellteilungen ausgelöst. Dann wurde der Versuch abgebrochen - eine Einpflanzung in eine Gebärmutter war nicht erfolgt. Nun kann man bei einem unstrukturierten Häufchen von 4 Zellen eigentlich kaum schon von einem Embryo sprechen. Die Nachricht war also doch etwas übertrieben, aber trotzdem sind sowohl die Nachricht als auch das dahinterstehende Ereignis bemerkenswert - und besorgniserregend.
Vor einigen Jahren noch hätte eine solche Nachricht hohe Wellen geschlagen. Heute jedoch taucht sie höchstens als Kurzmeldung bei den Wissenschaftsnachrichten auf, und mit Kommentaren halten sich die Medien auch zurück. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die öffentliche Meinung bezüglich des Themas Kloning bereits gewaltig abgestumpft ist. Und das scheint auch das eigentliche Ziel solch vollmundiger Meldungen zu sein: die Menschen an den Gedanken des Humankloning zu gewöhnen und so die Empörung dagegen einzuschläfern. Mit der Zeit erscheint so das Kloning von Menschen als fast schon normal, bevor es überhaupt stattgefunden hat, und die Menschen wenden sich wieder „wichtigeren“ Problemen zu, anstatt weiter darüber nachzudenken.
Aber natürlich steckt hinter der propagandistischen Absicht auch ein realer wissenschaftlicher Fortschritt. Während die Gesetzgeber in den meisten bei diesen Forschungen führenden Ländern seit Jahrzehnten darüber „nachdenken“, was Forschung darf und was Gesetze regeln müssen, schaffen skrupellose Wissenschaftler Tatsachen und scheren sich den Teufel um Moral und Ethik. So wird die Grenze der Experimente am Menschen immer weiter hinausgeschoben. Und wenn tatsächlich einmal ein Gesetz zur Kontrolle solcher Experimente verabschiedet wird, dann schreibt es höchstens den erreichten Stand als erlaubt fest, anstatt echte Grenzen zu setzen.
Natürlich werden für Experimente am menschlichen Erbgut immer „gute Gründe“ genannt - natürlich arbeitet jeder an solchen Projekten Beschäftigte „zum Wohle der Menschheit“. Als möglicher Nutzen des Klonings muss meist die Möglichkeit herhalten, kinderlosen Frauen zu Kindern zu verhelfen. Das Problem dabei ist, dass eine solche Verwendung erhebliche Gefahren nicht nur für die betroffenen Kinder, sondern auch die Menschheit insgesamt mit sich bringt.
1) Das Kloning erzeugt ein genetisch identisches Duplikat des Spenders. Auch dessen genetischen Defekte werden mit übertragen. Weiterhin können auch erworbene Defekte sehr viel leichter übertragen werden, da das „Wettrennen“ der Spermien und andere Effekte, die bereits vor der eigentlichen Zeugung eine biologische Auslese defekter Erbinformationen bewirken und die der natürliche Zweck der sexuellen Zeugung sind, völlig ausgeschaltet werden. Besonders bei Kloning über mehrere Generationen können sich so genetische Defekte akkumulieren und unvorhersehbare Schädigungen für die betroffenen Kinder bewirken.
2) Sollte Kloning einen wesentlichen Anteil an der Fortpflanzung der Menschheit erreichen, was durch eine Ausbreitung von Unfruchtbarkeit infolge Degeneration durchaus wahrscheinlich ist, ist auch eine Verminderung des menschlichen Genpools durch Zwillingskaskaden und durch Bevorzugung bestimmter Modetypen möglich.
3) Nicht übersehen werden dürfen auch die psychologischen Folgen. Die Vorstellung, ein Klon sei mit dem Original identisch, könnte, vor allem von Müttern, auch auf die individuellen Persönlichkeitseigenschaften der Kinder übertragen werden. Die Folgen wären gegebenenfalls recht drastische Störungen des Mutter-Kind-Verhältnisses durch Fehlidentifizierung und falsche Erwartungshaltung.
Firmen und Staaten finanzieren Forschungen nicht aus purer Wohltätigkeit, sondern aus purem Eigennutz. Und unter diesem Gesichtspunkt scheint Kloning im Endziel eigentlich nur zu zwei Zwecken entwickelt zu werden: die Züchtung von Menschen als Ersatzteillager für Organspenden und die Fließbandproduktion besonders brauchbarer und genetisch konditionierter Menschentypen. Vielen Menschen wird diese Horrorvision als zu weit hergeholt erscheinen, aber Tatsache ist, dass sie schon nicht mehr bloße Science Fiction ist, wenn auch noch nicht völlig Realität. Die 4. Phase des Manipulismus, die Phase der Ausbeuterherrschaft durch genetische Manipulation, könnte näher sein, als man sich vorstellen kann.
Die Humangenetik kann viel Gutes bewirken: Sieg über Krankheiten, Steigerung von Fähigkeiten, biologische Weiterentwicklung. Aber ohne ausreichende und verantwortungsvolle gesellschaftliche Kontrolle, nur in den Händen von einzelnen profitgierigen und machtbesessenen Menschen, kann sie zum Werkzeug der Apokalypse werden. Und wer das Nachdenken über die möglichen Konsequenzen als paranoide Hirngespinste abtut, der sollte sich einmal fragen, wie viele Opfer hätten vermieden werden können, wenn die Menschen vor der Entwicklung von Atombomben und unsicheren Kernkraftwerken über die wahren Gefahren dieser Technologie genügend nachgedacht und rechtzeitig gehandelt hätten.

T.D.

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Wissenschaft:

Drogen - Eltern - Kinder

Das Nationale Zentrum für Sucht und Drogenmissbrauch in Washington, USA, veröffentlichte im Januar eine Studie, in der der Zusammenhang zwischen Alkohol- und Drogenmissbrauch bei Eltern mit dem Missbrauch und der Vernachlässigung von Kindern untersucht wurde. Die Studie konnte einen solchen Zusammenhang eindeutig belegen und zeigen, dass Eltern mit erhöhtem Alkoholkonsum und andere drogensüchtige Eltern verstärkt zu Kindesmissbrauch oder zumindest -vernachlässigung neigen. Da die Studie ebenfalls zeigen konnte, dass die meisten Eltern dieses Verhalten erst nach Beginn ihrer Sucht entwickelten, ist nun auch sicher, dass Alkohol und Drogen direkt für die Entwicklung von assozialem Verhalten verantwortlich sind und nicht nur zufällig die gleiche Bevölkerungsgruppe von beidem betroffen ist. Folgerichtig stellen die Autoren die Frage nach staatlichen Maßnahmen gegen Alkohol- und Drogenmissbrauch - nicht zuletzt auch unter dem Aspekt, dass finanzielle Aufwendungen zur Vorbeuge wesentlich geringer sein dürften, als die gegenwärtig zum Auffangen der Folgen notwendigen Kosten, etwa für die staatliche Betreuung vernachlässigter Kinder.

T.D.

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Beiträge zur Soziologie:

Der Tod des Kapitalismus - Teil 4

von Tec Dian

d) Die Werbung

Es ist noch gar nicht solang her, da konnte noch niemand etwas mit dem Begriff „Snowboard“ anfangen - heute ist Skifahren nicht mehr genug. Und auch die Rollschuhe bleiben im Schrank, denn jeder braucht nun unbedingt Rollerblades. Gestern noch war man stolz auf sein geliebtes Auto, heute braucht jeder mindestens einen Zweitwagen für den Stadtverkehr. Sein ganzes Leben hat man gelebt, ohne auch nur vom immerhin mehrere Jahrzehnte alten Internet gehört zu haben - plötzlich ist ein Leben ohne Computer und ohne „Surfen“ nicht mehr vorstellbar.
Es geht hier nicht darum, jemandem den Spaß zu verderben. Es geht hier auch nicht darum, die einzelnen genannten Dinge zu kritisieren. Hier geht es nur um Beispiele dafür, dass durch Werbung neue Bedürfnisse erzeugt werden, die ohne Werbung nicht oder nicht in diesem Umfang existieren und auch nicht vermisst würden.
Der Einfluss der Werbung auf das Konsumverhalten der Menschen, auf ihre Gedanken, ihr Schönheitsempfinden, ja selbst ihre Moral, ist inzwischen enorm, besonders durch den Massenkonsum von Werbesendungen über das Fernsehen. Sogar Kriege werden heute durch Werbung ermöglicht und gewonnen, wie der Golfkrieg der USA gegen den 'Iraq zeigt. Dort beauftragte die US-Regierung eine Werbefirma, für eine positive Kriegsstimmung unter der Bevölkerung zu sorgen. Das gelang durch „aufbereitete“ und Falschinformationen so hervorragend, dass sogar die UNO auf ihre falschen Zeugen hereinfiel.
Die Menschen werden heute umfassend manipuliert. Damit hat man sie meist gut im Griff. Der Trick dabei ist, dass es die Menschen nicht merken und sich daher nicht dagegen wehren können. Im Gegenteil, bei den meisten Menschen funktioniert es so gut, das sie es nicht glauben und wütend werden, wenn man ihnen beweist, dass ihre Meinungen gar nicht ihre eigenen sind.
Werbung gilt vielen als harmlos, bestenfalls noch als lästig, mehr aber auch nicht. Sie wird sogar zu einer Art Kultur aufgebaut: es gibt schon Sendungen, die Werbespots „nur“ zur Unterhaltung bringen, als eine Art moderne Kurzfilme. Kaum einer gibt zu, dass sein Kaufverhalten ebenso von der Werbung geprägt ist, wie seine Sprechweise, seine Gestik, seine Kleidung. Für die Wenigen, die das erkennen, reicht das Stichwort „Barbie-Puppe“.
Die Werbung zeigt, wie man sein muss: „jung, dynamisch und erfolgreich“ - „cool, just for fun“ - und natürlich „reich und schön“, je nach persönlicher sozialer Stellung und Situation. So wird man fit gemacht für die widerstandslose Eingliederung in die Karriere im Dienste der Manipulisten oder ruhig gestellt im Falle der Erfolg- und Arbeitslosigkeit.
Die Werbung ist der offensichtlichste Ausdruck des Herrschaftsmittels, das für den Manipulismus am typischsten ist: die ideelle Gewalt. Im Kapitalismus war Werbung nur eine Ergänzung, denn man fand seine Kunden auch so, weil es jede Menge tatsächlichen Bedarf gab. Im Manipulismus ist Werbung zu einer der Hauptwaffen im Klassenkampf und im Konkurrenzkampf um Profit und Macht geworden.

 

Die Zukunft

Über den Manipulismus gibt es noch keine vollständige und ausgereifte Gesellschaftstheorie. Aber die hier gezeigten Facetten sind recht gut in der Lage zu zeigen, dass unsere heutige Gesellschaft längst kein Kapitalismus mehr ist und nach welchen Regeln in dieser Gesellschaft gespielt wird. Damit ist die Aufgabe dieses Artikels eigentlich erfüllt, aber ich möchte trotzdem noch andeuten, welche erschreckenden Perspektiven sich ergeben, falls unsere Gesellschaft auf diesem Weg nicht aufgehalten wird.
Bisher haben wir es mit Typen der Manipulation zu tun, gegen die man sich zumindest theoretisch wehren kann. Fernsehwerbung kann man abschalten. Zeitungsmeldungen und Nachrichten kann man analysieren und so Lüge von Wahrheit und Manipulation von Information trennen. Aber zumindest denkbar sind bereits Formen der Manipulation, gegen die man sich nicht wehren kann.
Bei dem Begriff Manipulation denkt man heute eigentlich nicht zuerst an geistige Beeinflussung, sondern an genetische Manipulation von Lebensmitteln. Wo das möglich ist, ist auch die genetische Manipulation von Menschen nicht mehr unmöglich. Nach der Entdeckung der Kernkraft war die Atombombe leider schon sehr bald keine Utopie mehr, sondern schreckliche Wirklichkeit. Und so könnte es uns auch mit der Horrorvision des körperlich und geistig konditionierten Menschen gehen. Ein perfekt gehorchender Soldat ohne Skrupel? - Bitte sehr, geklont im Dutzend billiger! Ein Wissenschaftler, der nicht über den Missbrauch seiner Entdeckungen nachdenkt? Ein Arbeiter, der nicht über schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Bezahlung klagt und sich bei Arbeitslosigkeit ruhig verhält? Eine perfekte Ehefrau, pflegeleicht blöd, aber fleißig und sexy? Natürlich alles nur für den, der es sich leisten kann.
Heute mögen das noch Horrorvisionen sein, aber das Kind aus dem Katalog der Samenbank ist bereits real. Wie weit sind wir noch von „Blade Runner“ entfernt? Geistige Programmierung durch „Hypnosestrahlen“ oder ähnlich utopisch klingende Dinge mögen heute noch nur Stoff für Filme und Computerspiele sein. Aber ich sehe, was bereits jetzt in unserer Gesellschaft alltäglich ist, und das macht mir Angst. Deshalb suche ich nach einem Weg in eine andere Zukunft. Es muss einen geben …

Merseburg, den 1.1.1998

(Der gesamte Artikel kann unter kpp.aksios.de/position/manipulismus.htm gelesen werden.)

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Kleines Lexikon:

Individuelle Hauptrelation der kommunistischen Gesellschaft: Das Verhältnis zwischen der kommunistischen Gesellschaft und den in ihr lebenden Individuen ist dadurch gekennzeichnet, dass jeder einzelne seine Rechte gegenüber der Gesellschaft als deren Pflichten begreift, die nur im dialektischen Wechselverhältnis mit seinen Pflichten gegenüber der Gesellschaft, die deren Rechte sind, existieren können, wobei sich Art und Umfang der Rechte und Pflichten gleichermaßen nach den Bedürfnissen des Individuums und der Gesellschaft bestimmen. Die kommunistische Gesellschaft ist eine bewusste Assoziation von Individuen.

Bewusstsein: selbstorganisierendes Datenverarbeitungssystem, das die objektive Realität datenmäßig abbildet.

Geheimdienst: besondere Gruppen von Menschen, die zum konspirativen Kampf gegen äußere oder innere Feinde organisiert ist.

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Impressum:

Parteiwappen der GO der KPP (11876 Bytes)

"Das rote Virus" - Redaktion
Kommunistische Programmpartei
Postfach 1450
06204 Merseburg
Deutschland

internet: http://www.aksios.de/virus

Chefredakteur: Ki-Heij Gi
Chefkorrespondent: Tec Dian
Satz und Layout: Science & Fantasy
Ausgabe Nr. 4, Januar 1999
Redaktionsschluss 15.1.1999
Erscheinungsweise: monatlich
Internet-Version

© 1999 by KPP

unveränderter Nachdruck, Digitalisierung und Vervielfältigung erlaubt und erwünscht.

Weiterverwendung in Fremdpublikationen, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion und der Autoren.


 

 

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Letzte Änderung: 13. Januar 2003 - © Kunst des Denkens 1999-2003