Virus-Logo (5658 Bytes)November 1998
Nr. 2

kritisch Stern konstruktiv

 

 

Schlagzeilen:

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Internationale Politik:

Gerechtigkeit - nicht mehr, nicht weniger

Die Festnahme Pinochets in Großbritannien ist ohne Zweifel ein Paukenschlag. Dass ausgediente Diktatoren im Ausland Asyl finden, ist an der Tagesordnung. Dass ein solcher Diktator, der sogar immer noch ein hohes Staatsamt bekleidet, jedoch im Ausland festgenommen wird, um für die von ihm zu verantwortenden Verbrechen vor Gericht gestellt zu werden, ist neu.
Flagge Chiles (4257 Bytes)Nach 17 Jahren blutiger Diktatur und 8 Jahren unbehelligten Lebens - sollte es jetzt tatsächlich endlich Gerechtigkeit geben? Gerechtigkeit für Pinochet und die Tausende seiner Opfer. Nichts mehr und nichts weniger fordern seine Ankläger. Noch läuft das diplomatische und juristische Tauziehen. Noch ist nichts entschieden. Aber der internationale Druck auf Großbritannien, Pinochet nicht wieder laufen zu lassen, wird immer stärker. Mit einem Auslieferungsersuchen Spaniens hat alles begonnen. Inzwischen haben auch die Schweiz und Frankreich solche Ersuchen gestellt. In Großbritannien selbst und in Italien wurden Ermittlungen eingeleitet, und sogar in Deutschland haben mehrere Opfer Anzeigen gegen Pinochet erstattet.
In Chile selbst ist die Lage allerdings weitaus weniger eindeutig. Demonstrationen für und gegen Pinochet wechseln sich gegenseitig ab. Die Pinochet-treue Polizei musste sogar erstmalig in der Geschichte Chiles auch gegen Pro-Pinochet-Demonstranten vorgehen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Noch immer gibt es dort eine große Bevölkerungsgruppe, die die damalige Diktatur auch heute noch gutheißt. Es sollte jedem zu denken geben, dass es Chile auch nach dem Ende dieser Diktatur nicht geschafft hat, die verantwortlichen faschistischen Verbrecher aus dem Staats- und Armeedienst zu entfernen, geschweige denn, sie vor Gericht zu stellen.
Regierung und Parlament haben Angst vor der Armee, vor einem neuen Putsch. Die Mechanismen der Diktatur funktionieren immer noch. Viele Politiker haben sich mit der herrschenden Situation und mit Pinochet und seinen Gefolgsleuten arrangiert. Und - leider - ist das chilenische Volk nicht geeint gegen Pinochet. Es findet sich keine antifaschistische Mehrheit im nun wieder demokratischen Chile.
Das zeigt, dass Pinochet und seine Generäle und Offiziere nicht die einzigen Schuldigen sind. Auch große Teile des chilenischen Volkes sind schuldig - entweder durch offene Unterstützung Pinochets oder durch Duldung seiner Verbrechen und später seiner Straffreiheit. Nationale Aussöhnung ist eine feine Sache. Man muss Schlussstriche unter die Geschichte ziehen können. Aber wenn Aussöhnung so aussieht, dass die Opfer vergessen und die Mörder mit hohen Ämtern und Pensionen belohnt werden, dann sind wohl Zweifel angebracht.
Wenn Pinochet in Spanien oder einem anderen europäischen Land für seine Verbrechen verurteilt würde, wäre das ein Akt später Gerechtigkeit. Aber es ist auch schon jetzt bereits ein Armutszeugnis des chilenischen Staates und der Mehrheit des chilenischen Volkes, dies in den vergangenen 8 bzw. 25 Jahren nicht selbst geschafft zu haben. Übrigens sollte das für die Deutschen ein Grund sein, noch einmal über die faschistische Vergangenheit ihres eigenen Landes nachzudenken.

T.D.

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Fakten:

Pinochet

Augusto Pinochet (21669 Bytes)

K.H.

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Recht:

Diplomatische Immunität

Bei der gesamten bisherigen Diskussion in Großbritannien, ob Pinochet nun an Spanien ausgeliefert oder freigelassen werden soll, geht es erstaunlicherweise gar nicht um die Frage seiner Schuld. Ja es scheint sogar, als spiele sie für die britischen Richter nicht die geringste Rolle. Es geht offenbar ausschließlich darum, ob er nun diplomatische Immunität besitzt oder nicht. Das veranlasst uns natürlich zu der Frage, welche Berechtigung diplomatische Immunität überhaupt besitzt.
Man stelle sich vor: Ein Mensch besitzt ein Stück Papier, dass ihn zum Diplomaten erklärt, und schon kann er sich jedes Verbrechen leisten, ohne dafür belangt werden zu können. Sein Besitzer gilt bereits als unschuldig, bevor er noch gegen irgendwelche Gesetze verstoßen hat - und natürlich erst recht danach. Wie ist das mit dem Grundsatz der allgemeinen Gleichheit vor dem Gesetz zu vereinbaren?
Pinochet war nicht der erste und er wird auch nicht der letzte Verbrecher sein, der sich hinter der diplomatischen Immunität zu verstecken versucht. Für einen nach Gerechtigkeit strebenden Menschen ist daher diese diplomatische Immunität nicht die entscheidende Frage, sondern die Schuld - ausschließlich!

T.D.

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Kurznachrichten:

Klimakonferenz besorgt

Der Beschluss der deutschen Regierung zum Ausstieg aus der Atomenergie hat auf der UN-Klimakonferenz tiefe Besorgnis ausgelöst. In Deutschland werden derzeit etwa 30% der Elektroenergie aus Kernbrennstoff erzeugt, also ohne Treibhausgase zu produzieren. Das könnte sich nun bald ändern und so die globale Erwärmung und die Entwicklung von Klimakatastrophen weiter vorantreiben.

Berggorillas bedroht

Durch den Bürgerkrieg im Kongo sind die ohnehin schon sehr kleinen Bestände der Berggorillas und Nashörner in ihrer Existenz bedroht. Die Naturschutzverwaltung ist im umkämpften Gebiet faktisch zusammengebrochen und die Rebellensoldaten machen zur eigenen Ernährung und zur Finanzierung ihres Krieges Jagd auf die geschützten Tierarten.

Verhaftung von Dissidenten

Die chinesischen Behörden haben wieder mehrere Personen festgenommen, die den Versuch unternommen hatten, eine legale und friedliche demokratische Partei zu gründen. Dieser offensichtliche Verstoß gegen kommunistische Grundprinzipien durch eine Regierung, die sich selbst kommunistisch nennt, beleidigt jeden ehrlichen Kommunisten. Offenbar haben sie nichts gelernt aus dem Ende der Sowjetunion oder auch der DDR.

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Nationale Politik:

Heinz Keßler frei

Nach mehr als 4 Jahren wurde Heinz Keßler, ehemaliger Verteidigungsminister der DDR aus der Haft entlassen. Er war wegen der sogenannten „Mauertoten“ zu 7 1/2 Jahren Haft verurteilt worden.
Diese „Mauertoten“ wurden bei fast jedem ehemaligen Mitglied der DDR-Staatsführung als Vorwand verwendet, sie vor Gericht zu bringen. Beim ehemaligen Staatssicherheitsminister Erich Mielke klappte das nicht, deshalb buddelte man einen angeblichen Polizistenmord von 1931 aus.
Die bürgerliche Propaganda benutzt die „Mauertoten“ mit Vorliebe als Argument, den Realsozialismus in der DDR mit dem Faschismus gleichzusetzen. Tatsachen zählen bei diesem Betrug freilich nicht. Etwa die Tatsache, dass es bei den „Mauertoten“ im Gegensatz zu den Opfern des Faschismus nicht um tausende vorsätzlich ermordete Regimegegner handelte, sondern um einzelne Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, sehenden Auges einen militärischen Sperrbereich betreten hatten - eine Handlung, die auch in der BRD verboten und nicht ungefährlich ist. Ja mehr noch – die Polizei der BRD braucht keine Mauer, um immer wieder einmal Menschen auf offener Straße zu erschießen. Auf illegale Grenzverletzer wird auch heute noch geschossen, allerdings nun auf Menschen, die in unser Land hinein wollen, nicht hinaus. Für die Betroffenen, die aus IHREM Land hinaus wollen, ist das aber kein Unterschied!
Die BRD ist sicher anders als die DDR, aber sie ist bestimmt nicht besser. Das gilt sowohl für politische Funktionsträger als auch Sicherheitskräfte. Deshalb ist die Jagd auf Menschen wie Heinz Keßler nicht nur juristisch illegal, sondern auch scheinheilig und verlogen.
Angeblich war der Anschluss der DDR eine „Vereinigung“. Angeblich gibt es keine Siegerjustiz in der BRD. Wie soll man es aber sonst nennen, wenn fast die gesamte Staatsführung der DDR in der BRD vor Gericht gestellt und verurteilt wurde? Man mag zur DDR und ihren Funktionären stehen wie man will. Aber Gerechtigkeit und Rache sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Und hier wütet die Rache der Sieger - Siegerjustiz. Und wir nennen sie beim Namen, ob es den „Siegern“ nun gefällt oder nicht.

T.D.

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Bildung:

Armer Galilei

Eine Umfrage von Science and Engineering Indicators 1998 lieferte folgende Einblicke in den Bildungsstand der US-Bevölkerung. Nur 11% können mit dem Begriff „Molekül“ etwas anfangen. Immerhin 44% wissen, dass Elektronen kleiner als Atome sind. Aber das Größte ist zweifelsohne, dass nur 45% wissen, dass sich die Erde einmal im Jahr um die Sonne dreht. 55% glauben hingegen, die Erde drehe sich täglich einmal um die Sonne, oder die Erde stehe fest und die Sonne dreht sich täglich einmal um die Erde.
Angesichts dieser Zustände in den USA wäre es mal interessant festzustellen, wie es in Deutschland aussieht. Viel besser dürfte es wohl auch hier kaum sein.
Es ist ja bekannt, dass sich neue Erkenntnisse nur recht zögerlich durchsetzen. Aber dass es SO zögerlich ist? Da kann man nur sagen: Armer Galilei. Er wird wohl im Grab rotieren.

T.D.

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Recht:

Täterschutz kontra Opferschutz

Die Nachricht am 18.10. war lapidar: ein wegen Totschlags verurteilter Gewalttäter war beim Freigang aus der „Maßregelvollzugsanstalt“ Uchtspringe geflohen - dann noch die Warnung, er gelte als gefährlich. Ein an sich völlig unspektakulärer Fall, nur einer unter vielen ähnlichen. Aber gerade das macht ihn so wichtig. Gerade weil solche Fälle so oft vorkommen, stellen sich hier doch einige Fragen.
Wieso konnte ein als gefährlich geltender Totschläger eigentlich Freigang bekommen, so dass er die Möglichkeit zur Flucht und natürlich auch zu weiteren Gewalttaten erhielt? Ist die Sicherheit der Mehrheit der friedlichen und gesetzestreuen Bürger weniger wert als die Freiheit eines verurteilten Verbrechers? Steht im deutschen Rechtssystem die Sorge um das Wohlergehen der Täter über der Sorge für die (potentiellen und tatsächlichen) Opfer?
Überhaupt scheint die deutsche Justiz merkwürdig nachsichtig mit Gewalttätern umzugehen. Das Bielefelder Landgericht verurteilte den Mörder eines 11jährigen Mädchens im November zu lebenslanger Haft. Er hatte seine Nichte umgebracht, um seine sexuellen Annäherungsversuche zu vertuschen! Vor Gericht bot er eine glänzende Show mit schwarzem Anzug und Tränen und allem, was dazu gehört. Prompt reagierten die Richter mit der Entscheidung, dass „keine besonders schwere Schuld vorläge, weil sein Leben vom Streben nach Liebe gekennzeichnet sei“.
Nun kann es durchaus Umstände geben, die einen Mord verständlich, ja im Extremfall sogar verzeihbar machen. Etwa wenn eine Frau ihren Ehemann tötet, der sie jahrelang misshandelte und sich Polizei und Gerichte weigerten, ihr zu helfen. Der Fall des Kindesmörders, der mit seiner Tat nur die Absicht eines weiteren Verbrechens - sexuellen Missbrauch eines Kindes - vertuschen wollte, gehört aber definitiv nicht in die Kategorie des Verständlichen.
Die Einschätzung der Richter, keine besonders schwere Schuld zu sehen, ist durchaus nicht nur von moralischem Interesse. Sie hat auch Auswirkungen auf das tatsächliche Strafmaß. Konkret heißt das, dass dieser Kindesmörder nach 15 Jahren wieder frei ist - nichts von wegen lebenslang.
Und das ist noch einer der harmloseren Fälle juristischen Fehldenkens. Oftmals kommen Mörder und Vergewaltiger in Deutschland schon viel früher wieder frei. Körperverletzungen werden sogar meist überhaupt nicht oder nur mit Bagatellstrafen geahndet. Ganz im Gegensatz zu Eigentums- und Steuerdelikten. Hier versteht der Staat keinen Spaß. Das bundesdeutsche Rechtssystem schätzt den Wert des menschlichen Lebens ganz offenbar recht gering ein.
Es geht hier nicht darum, nach Vergeltung zu schreien, um Rache an den Tätern zu nehmen. Es geht auch nicht darum, potentielle Täter durch schwere Strafen abschrecken zu wollen - ein nutzloses Unterfangen, wie die Geschichte gezeigt hat. Und es geht auch nicht darum, Deutschland in einen Polizeistaat mit repressiven Gesetzen gegen, statt für die Bürger zu verwandeln - nein, sicher nicht, denn auf diesem Weg ist unser Land eigentlich schon zu weit gegangen. Alles, was wir verlangen, ist nur: Opferschutz statt Täterschutz. Wenn zwischen den Rechten der Täter auf Freiheit und denen der potentiellen Opfer auf Sicherheit abgewogen werden muss, dann müssen die Rechte der Opfer im Vordergrund stehen.

T.D.

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Internationale Politik:

Heißer Herbst in Frankreich

Schüler und Studenten füllen die Straßen. Schulen und Universitäten werden bestreikt. Friedliche Proteste wechseln mit Straßenschlachten. Die Polizei ist im Dauereinsatz.
Das Szenario erinnert an die 68er Studentenproteste. Doch heute, 30 Jahre später, liegt die Situation in Frankreich anders. 1968 waren es die Enttäuschung von der Konsumgesellschaft und der Vietnamkrieg, die die Jugend nach persönlichen wie gesellschaftlichen Alternativen suchen ließen - heute ist es blanke Verzweiflung. Als die Linksregierung aus Sozialisten, Grünen und sogenannten Kommunisten antrat, machten sich viele, vor allem aus den Unterschichten, Hoffnungen auf soziale Verbesserungen. Doch trotz vollmundiger Versprechungen und Programmen führt die linke Regierung den Sozialabbau ihrer konservativen Vorgängerin im Wesentlichen fort.
Eines der Wahlversprechen war die Förderung des arg gebeutelten Bildungswesens. In klarem Bruch dieses Versprechens führte die Regierung jedoch weitere Kürzungen der Bildungsausgaben durch. Die Schulen sind geprägt von übergroßen Klassen und Stundenausfällen infolge Lehrermangels. Ein Universitätsabschluss ist nichts mehr wert, da auch die Wirtschaft inzwischen das katastrophale Niveau der Abschlüsse registriert hat. Das sind die Probleme, die jeden der Millionen französischen Schüler und Studenten treffen. Und deshalb sind bei den Protesten alle vereint, egal ob links, rechts oder unpolitisch, egal ob aus reichem oder armem Elternhaus, egal ob aus der Arbeiterklasse oder der Bourgeoisie.
Die Jugend Frankreichs will lernen. Ein Land kann sich glücklich schätzen, wenn seine Jugend dafür auf die Straße geht. Aber die angeblich linke französische Regierung verweigert ihr die Bildung. Es ist traurig, dass sich auch Mitglieder der Französischen Kommunistischen Partei an dieser ausgesprochen unkommunistischen Politik beteiligen. Damit verliert die FKP nicht nur das Recht, als Anwalt der französischen Werktätigen und der Jugend aufzutreten, sondern sie fügt dem Ansehen der Kommunisten insgesamt auch großen Schaden zu. Es wird Zeit, dass die Französische Kommunistische Partei endlich erkennt, dass auch eine Linksregierung letztlich keine echte Alternative zur Ausbeutergesellschaft ist - eine Tatsache, die man als Kommunist eigentlich kennen sollte.
Wenn Ausgebeutete und Unterprivilegierte in einer Ausbeutergesellschaft etwas erreichen wollen, dann müssen sie sich zusammenschließen und für ihre Forderungen kämpfen. Denn auch unter Linksregierungen schenken ihnen Ausbeuterstaaten nichts freiwillig. Der Platz der Kommunisten muss bei den protestierenden Schülern und Studenten sein, denn ihre Forderungen sind nicht nur gerecht, sondern vor allem zutiefst vernünftig.

T.D.

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Kalenderblatt:

Die Teilung Palästinas - die Wurzeln des Nahostkonflikts

Es vergeht fast kein Tag ohne neue Nachrichten oder Schreckensmeldungen von Anschlägen aus Nahost. Seit Jahrzehnten hält der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis die Welt in Atem und zwingt nahezu jeden Staat dazu, irgendwie Stellung zu beziehen. Am 29.November jährt sich zum 51. Mal die Teilung Palästinas mit der Verabschiedung der UNO-Resolution Nr.181 (II). Für uns ein Anlass zurückzublicken, wie alles begann.

Seit der ersten jüdischen Einwanderungswelle nach Palästina 1882 wurde von entsprechenden Organisationen über ein halbes Jahrhundert lang die jüdische Einwanderung planmäßig betrieben. Interessierte Juden wurden mit Versprechungen ins „gelobte Land“ gelockt, als wenn es in Palästina nicht schon eine einheimische arabische Bevölkerung gäbe, als wäre Palästina noch nicht besiedelt und warte nur darauf, in Besitz genommen zu werden. Diese „Besiedelung“ erinnert nur allzusehr an die Eroberung Amerikas 450 Jahre zuvor. Man wollte Tatsachen schaffen und wurde dabei durch die Machtergreifung des Faschismus in Europa, die von 1930 bis 1945 250000 jüdische Menschen zur Einwanderung bewegte, tatkräftig unterstützt.

1897 1919 1942

Forderungen 1897 (15268 Bytes) Forderungen nach dem 1. Weltkrieg (15831 Bytes) Biltmore-Programm (13604 Bytes)

Zionistische Forderungen 1897 - Ein Großisrael in den biblischen Grenzen Zionistische Forderungen 1919 an die Pariser Friedenskonferenz Forderungen des „Biltmore-Programms“ 1942 - Ein Israel, bestehend aus Palästina und Jordanien

1942 forderten die politischen Zionisten schließlich im Biltmore-Programm die Umwandlung Palästinas in einen jüdischen Staat. Die Einwanderungen wurden stets von der Gründung extremistischer zionistischer Gruppen wie der Haganah oder der Irgun (Irgun Zwai Leumi) und von wachsendem bewaffneten Terror gegen die arabische Bevölkerung begleitet. Die Zuspitzung der politischen Lage Anfang 1947 brachte Großbritannien als UN-Mandatsträger über Palästina schließlich dazu, die Palästinafrage der UNO zu unterbreiten, um nicht selbst die Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen zu müssen. Am 29.11.1947 wurde dann von der UNO-Vollversammlung die besagte Resolution 181(II) über die Teilung Palästinas mit 33 gegen 13 Stimmen bei 10 Enthaltungen verabschiedet. Die arabischen Staaten stimmten geschlossen dagegen. Interessanterweise stimmten die UdSSR und andere osteuropäische Staaten für die Resolution, die sich über die lokalen Machtverhältnisse hinwegsetzte und so den Auftakt zu einem der längsten und blutigsten Konflikte der Gegenwart gab. War es nur Zufall, dass ausgerechnet aus diesen Ländern ein großer Teil der eingewanderten Juden stammte?
Die Resolution sah vor, das britische Mandat bis August 1948 zu beenden, alle Mandatstruppen abzuziehen und auf dem bisherigen palästinensischen Territorium 2 Staaten und eine internationale Zone zu errichten. Zur Illustration seien ein paar Zahlen genannt: Der arabische Staat sollte 11100 km2 (42% des Territoriums) mit 725000 Arabern / 10000 Juden, der jüdische Staat 14100 km2 (56%) mit 407000 Arabern / 498000 Juden und die internationale Zone die Stadt Jerusalem mit 105000 Arabern / 100000 Juden umfassen. Diese Regelung gab der zahlenmäßig kleineren jüdischen Bevölkerung nicht nur das größere Stück Land, sondern machte im jüdischen Teil auch viel mehr Araber zu einer Minderheit im eigenen Land als umgekehrt. Damit waren die Konflikte schon vorprogrammiert, zumal die Zionisten nicht daran dachten, die im jüdischen Teil lebenden Araber als gleichberechtigt anzuerkennen.

1947 1949

UNO-Plan (23506 Bytes) Nach dem 1. Nahostkrieg (22934 Bytes)

Geplante Gebietsverteilung nach der UNO-Resolution 181(II) 1947 Wirkliche Gebietsverteilung nach dem 1. Nahost-Krieg 1949

Schon im Dezember 1947 intensivierte die Haganah, der Vorläufer der israelischen Armee, ihre Aktionen gegen die arabische Bevölkerung und begann in allen (auch den für die Araber bestimmten) Gebieten strategisch wichtige Punkte und Städte zu besetzen. Als noch vor Beendigung des britischen Mandats am 14.Mai 1948 der Staat Israel proklamiert und sofort von den USA anerkannt wurde, hatten die Zionisten schon mehr als 300000 Araber aus ihrer Heimat vertrieben. Dieser eindeutige Bruch der UNO-Resolution führte zum ersten israelisch-arabischen Krieg 1948-1949, in dessem Ergebnis Israel 6600 km2 (mehr als die Hälfte) des arabisch-palästinensischen Gebietes und einen Teil Jerusalems besetzte. Und selbst das reichte Israel noch nicht. Die Politik des israelischen Staates war auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten geprägt von Terror, Aggressionen und Okkupationen. Etwa 1 Mill. Palästinenser wurden vertrieben und müssen ihr Dasein unter unmenschlichen Bedingungen in Flüchtlingslagern in den angrenzenden arabischen Staaten und den israelisch besetzten Gebieten fristen. Auch die arabischen Nachbarstaaten waren wiederholt Ziele jüdischer Anschläge und Eroberungskriege.

1967 1982

Nach dem 3. Nahostkrieg (24179 Bytes) Nach dem 5. Nahostkrieg (21721 Bytes)

Israelisch besetzte Gebiete nach dem 3. Nahostkrieg 1967 Israelisch besetzte Gebiete nach dem 5. Nahostkrieg 1982

Oft werden der Holocaust und die Verbrechen der deutschen Faschisten an der jüdischen Bevölkerung als Entschuldigung israelischen Großmachtstrebens missbraucht. Wer Israel anklagt, wird sofort als Antisemit bezeichnet. Aber welchen Unterschied gibt es zwischen den Greueltaten des faschistischen Deutschlands und den Massakern in den Flüchtlingslagern Sabra und Shatila 1982? Gibt erlittenes Leid das Recht, anderen nun auch Leid zuzufügen? Nein - der israelische Faschismus ist genauso verdammenswert wie der deutsche. Und deshalb muss er ebenso bekämpft werden - und zwar auch vom israelischen Volk selbst. Erst dann wird es Frieden geben.

K.H.

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Internationale Politik:

Neues Nahost-Abkommen

Die Unterschriften Arafats und Netanjahus unter das Abkommen von Wye waren gerade zwei Tage alt, die Tinte war noch nicht trocken, da stellte der israelische Ministerpräsident bereits den Zeitplan für die Landübergabe in Frage. Wie viel, oder genauer wie wenig dieses hochgefeierte Abkommen wert ist, sieht man ja bereits an der Tatsache, dass es eigentlich nichts Neues enthält. Es korrigiert nur seinen Vorgänger, das Osloer Abkommen, das von Israel nie erfüllt wurde. Wen interessiert der Grundsatz: Verträge müssen eingehalten werden? Nun, Israel offensichtlich nicht. Übrigens ist auch der Vorwand für den Vertragsbruch keineswegs neu. Mit fast ermüdender Regelmäßigkeit muss dafür die mangelnde Sicherheit in den autonomen Gebieten herhalten.
Arafat hat sich wieder einmal für die israelische Propaganda und Siedlungspolitik missbrauchen lassen. Anstatt auf die Einhaltung bestehender Verträge zu bestehen, unterzeichnet er einen neuen Vertrag, der bereits ausgehandelte Rechte der Palästinenser wieder preisgibt und die palästinensische Polizei zum Handlanger Israels macht. Und so kann es sich Netanjahu ungestraft erlauben, den Startschuss für den Bau weiterer jüdischer Siedlungen in Ost-Jerusalem zu geben. Da ist es natürlich kein Wunder, wenn Arafat nun immer mehr in die Schusslinie der Islamisten gerät. Die libanesische Hisbollah und die palästinensische Hamaz haben inzwischen zu seiner Ermordung aufgerufen. Sein schrittweiser Rückzug ist Wasser auf die Mühlen der islamistisch-faschistischen Friedensgegner. Und diese werden jetzt wieder verstärkt mit wahnsinnigen Terrorakten gegen die israelische Zivilbevölkerung vorgehen.
Ähnlich, nur umgekehrt, stellt sich die Lage in Israel dar. Auch Netanjahus Leben ist bedroht. Auch er wird für seine Politik als Verräter an seinem Volk beschimpft. Selbst seine mehr als zaghaften Schritte in Richtung Frieden gehen den ultranationalistischen Volksverhetzern bereits zu weit. Netanjahu war mit dem Ziel als Regierungschef angetreten, die Rückgabe palästinensischen Landes zu verzögern und zu stören. Dieses Ziel hat er erreicht. Wenn ein knallharter Nationalist auf Grund seiner trotz allem bemerkenswerten Vernunft nun von seinen früheren Mitstreitern in die Rolle eines Helden der nationalen Aussöhnung gedrängt wird, ist das schon ein grausamer Scherz der Geschichte.
Auf beiden Seiten des Konfliktes Israel-Palästina wird die Szene von faschistischen, religiös-fanatischen und nationalistischen Extremisten bestimmt. Die einen verüben Selbstmordanschläge, die anderen bauen neue Wehrdörfer und provozieren. Und so lange das so bleibt, solange die Völker Israels und Palästinas sich nicht von der Ideologie des Hasses befreien, wird es auch keinen Frieden im Nahen Osten geben.

T.D.

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Internationale Politik:

Wahlen zum Expertenrat

Das politische System des Iran besteht aus einer Vielzahl von Organen und Ämtern, die sich gegenseitig kontrollieren, um zu verhindern, dass oppositionelle Kräfte eine Chance haben, Einfluss zu gewinnen. Eines dieser Kontrollorgane ist der Expertenrat, der den geistlichen Führer des iranischen Staates berät, überwacht und im Extremfall sogar absetzen kann.
Infolge dieser eminent wichtigen Funktion ist das Wahlverfahren zum Expertenrat besonders abgesichert. Zur Wahl zugelassen werden nur Kandidaten, die vorher von einem anderen Kontrollorgan, dem Wächterrat handverlesen wurden. Folglich konnte das Wahlergebnis auch keine politischen Überraschungen bringen.
Interessant ist allerdings etwas anderes, nämlich die ungewöhnlich niedrige Wahlbeteiligung von etwa 50%. Und das in einem Land, in dem eine solche Wahl als moslemische Pflicht betrachtet wird. Dies zeigt, dass die Islamisten ihr Volk nicht mehr wie bisher mobilisieren können. Das ist zwar noch keine politische Opposition, aber vielleicht ein kleiner Schritt hin zum Anfang vom Ende des Mittelalters im Iran.

T.D.

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Parteipolitik:

Klare Fronten

Kürzlich überraschte der neue CDU-Vorsitzende Schäuble mit der Initiative, nun auch ehemalige SED-Mitglieder in die CDU aufzunehmen: Man dürfe die Potenzen der vorwiegend klein-bürgerlichen Mitgliedschaft der SED nicht unterschätzen.
Als wie sinnvoll sich diese Initiative letztlich für die CDU erweisen wird, ist fraglich. Aber zweifellos hat Herr Schäuble den Charakter der Mehrzahl der damaligen SED-Mitglieder richtig erkannt: Karrieristen, Konformisten, Machtmenschen und Opportunisten - wirklich passend für die CDU. Wir Kommunisten waren in der SED leider - bei weitem - in der Minderheit. Sonst wäre es mit der SED und der DDR niemals so weit gekommen. Noch einmal darf uns so etwas nicht passieren. Für Karrieristen und Mitläufer darf in einer kommunistischen Partei kein Platz sein. Deshalb sind auch wir dafür, dass solche ehemaligen SED-Mitglieder in die CDU eintreten. So gibt es wenigstens endlich wieder: klare Fronten.

T.D.

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Nationale Politik:

Die Moral des Elends und des Reichtums

Die neue Regierung aus SPD und Grünen trat mit dem Anspruch der Erneuerung des Landes an – der sozialen Erneuerung und auch der moralischen Erneuerung. Inzwischen hatte die Regierung erste Gelegenheit, sich konkret zu ihren Plänen zu äußern und ihre Vorstellungen klarzumachen.
Wolfgang Thierse (98293 Bytes)Da ist z.B. der neue Kanzleramtschef Bodo Hombach. Von ihm war zu hören, dass staatliche Unterstützung nur dann gerechtfertigt sei, wenn sie die Unterstützungsbedürftigen zu „Eigeninitiative“ herausfordert. „Jeder Job ist besser als keiner.“ - Das sagt einer, der bestimmt kein Problem mit Arbeitslosigkeit hat - jemand, der nicht herumrätseln muss, wie er finanziell über den Monat kommt - jemand, der nicht zu Knochenarbeit für Mindestlohn gezwungen ist - jemand, der nicht in eine Selbstwertkrise gestürzt wurde, weil er nach langer und schwerer Ausbildung und Studium als Würstchenverkäufer oder Taxifahrer arbeiten muss. „Jeder Job ist besser als keiner“ heißt, einem Arbeitslosen ist alles zuzumuten, egal wie unzumutbar es ist. Und: er hat gefälligst damit zufrieden zu sein. So sieht die moralische Erneuerung also aus - eine Moral des Elends für die Schwachen. Und wer sich dagegen wehren will, dem droht Leistungsentzug, denn er lässt die „Eigeninitiative“ vermissen.
Dass Bodo Hombach kein Einzelfall, keine Ausnahme in der neuen Regierung ist, zeigen auch die Ideen des neuen Finanzministers Oskar Lafontaine zur Arbeitslosenunterstützung. Die soll so reformiert werden, dass nicht mehr nach erworbenen Ansprüchen, sondern nur noch bei „Bedürftigkeit“ gezahlt wird. Im Klartext: Abschaffung des Arbeitslosengeldes zu Gunsten der Arbeitslosenhilfe und Herabsetzung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau. „Bedürftigkeit“ muss nachgewiesen werden. Nach diesen Plänen müssten in Zukunft alle Arbeitslosen, die Unterstützung erhalten wollen, ihre finanzielle Lage und auch die ihrer nächsten Angehörigen offenlegen. Eine erniedrigende Prozedur, die jetzt bereits Millionen von Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeempfängern immer wieder über sich ergehen lassen müssen. Aber das ist ihnen eben zuzumuten, denn sie liegen ja der Gesellschaft auf der Tasche, ohne dafür zu arbeiten - so jedenfalls sieht es offensichtlich der Finanzminister.
Die neue Regierung verlangt von den Benachteiligten unserer Gesellschaft solche moralischen Tugenden wie Bescheidenheit und Genügsamkeit. Welche moralischen Werte ist sie selbst bereit zu zeigen? Dafür lassen wir den frischgewählten Bundestagspräsidenten und stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Wolfgang Thierse zu Wort kommen.
Kaum im Amt, ließ er hören, dass es sehr für eine Erhöhung der Abgeordnetendiäten sei. Begründung: Je höher die Bezüge, desto geringer die Anfälligkeit der Abgeordneten für Bestechung. Freilich, ein Arbeitsloser braucht nicht mehr Geld, denn er ist ja nicht anfällig für Bestechung - wer besticht schon einen Arbeitslosen? Aber die, die sich ohnehin schon die Taschen füllen, sollen noch ein bisschen mehr haben. Und damit sich das Abkassieren auch richtig lohnt, schlägt Thierse gleich noch eine Verlängerung der Amtszeit des Bundestages um ein auf fünf Jahre vor. So verringert man die Möglichkeit des Wählers, das große Verdienen durch eine Abwahl der feinen Damen und Herren zu stören.
Die Rechtfertigung für höhere Diäten als Mittel gegen Bestechung ist ebenso durchsichtig wie scheinheilig. Es sind ja gerade die „Besserverdienenden“, die den Mund nicht voll genug bekommen können und bereitwillig die Hand aufhalten. Das ist eine sehr alte Weisheit, die mit einem einzigen Wort zu beschreiben ist: Gier. Das ist es also, was die neue Regierung erneuern, soll heißen vergrößern will. Zu lange war man von den Fleischtöpfen der Macht getrennt. Nun will man endlich Bares sehen.

T.D.

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Spruch des Monats:

Das Urteil über eine Sache charakterisiert nicht immer die Sache, aber immer den Urteilenden.

[Gerhard Branstner]

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Klassikerzitat:

„Unmöglich, die Staatsverwaltung dem Interesse der nationalen Produktion unterzuordnen, ohne das Gleichgewicht im Budget herzustellen, das Gleichgewicht zwischen Staatsausgaben und Staatseinnahmen. Und wie dies Gleichgewicht herstellen ohne Beschränkung des Staatsaufwandes, d.h., ohne Interessen zu verletzen, die ebenso viele Stützen des herrschenden System waren, und ohne die Steuerverteilung neu zu regeln, d.h., ohne einen bedeutenden Teil der Steuerlast auf die Schultern der hohen Bourgeoisie selbst zu wälzen?
Die Verschuldung des Staats war vielmehr das direkte Interesse der durch die Kammern herrschenden und gesetzgebenden Bourgeoisfraktion. Das Staatsdefizit, es war eben der eigentliche Gegenstand ihrer Spekulation und die Hauptquelle ihrer Bereicherung. Nach jedem Jahre ein neues Defizit. Nach dem Verlaufe von vier bis fünf Jahren eine neue Anleihe. Und jede neue Anleihe bot der Finanzaristokratie neue Gelegenheit, den künstlich in der Schwebe des Bankrotts gehaltenen Staat zu prellen - er mußte unter den ungünstigsten Bedingungen mit den Bankiers kontrahieren. Jede neue Anleihe gab eine zweite Gelegenheit, das Publikum, das seine Kapitalien in Staatsrenten anlegt, durch Börsenoperationen zu plündern, in deren Geheimnis Regierung und Kammermajorität eingeweiht waren. Überhaupt bot der schwankende Stand des Staatskredits und der Besitz der Staatsgeheimnisse den Bankiers wie ihren Affiliierten in den Kammern (...) die Möglichkeit, außerordentliche, plötzliche Schwankungen im Kurse der Staatspapiere hervorzurufen, deren stetes Resultat der Ruin einer Masse kleinerer Kapitalisten sein mußte und die fabelhaft schnelle Bereicherung der großen Spieler.“

Karl Marx: Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850 (1849); Marx-Engels-Werke (1982, Bd. 7, S. 13)

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Parteipolitik:

Frauenquote und Männerherrschaft

- geschrieben von einem Mann -

Sowohl die Grünen als auch die SPD feiern sich in ihren Selbstdarstellungen ständig, vor allem im Wahlkampf, als Vorkämpfer der Gleichberechtigung der Frau. Eines ihrer wichtigsten Argumente ist dabei die Frauenquote. Nach Beschlüssen von Parteitagen von SPD Und Bündnis90/Grüne sollen Posten so vergeben werden, dass 40% bzw. 50% weiblichen Kandidaten vorbehalten bleiben. Jeder, der Kritik an dieser Quotenregelung übt, wird kurzerhand zum Feind der Gleichberechtigung erklärt. Wie sieht das nun in der Praxis aus? Haben diese Quotenregelungen tatsächlich die „Männerherrschaft“ gebrochen?
Ein Blick auf die Zusammensetzung der neuen Regierung zeigt folgende Situation: Von 16 Mitgliedern (15 Minister + 1 Kanzler) sind 5 Frauen - das sind 31%. Die SPD stellt 4 Frauen (auf 13 Posten), B‘90/Grüne 1 (auf 3 Posten). Keine der beiden Parteien erreicht damit ihre Quote. Natürlich reden sich die entscheidenden Herren jeweils damit heraus, dass Regierungsämter keine Parteiämter sind. Damit sind wir beim ersten Kritikpunkt an der Quotenregelung: Wenn es darauf ankommt findet sich immer eine Möglichkeit, sich herauszureden und sie zu umgehen.
Die formale Erfüllung ist aber nicht die einzige Frage, die zur Gleichberechtigung gestellt werden muss. Amt ist nicht gleich Amt. Die verschiedenen Posten bringen ein sehr unterschiedliches Maß an Macht und Einfluss mit sich. Wie verteilt sich die Macht in der Regierung auf Männer und Frauen? Zunächst die SPD: Die wichtigsten und mächtigsten Regierungsämter der SPD sind: der Kanzler, der Finanzminister, der Innenminister und der Verteidigungsminister. Die wichtigsten Ämter im Parlament sind: der Parlamentspräsident und der Fraktionschef. Das höchste Staatsamt ist: der Bundespräsident. Alle diese Posten (bzw. beim Bundespräsidenten der Kandidat) werden von Männern gehalten. Sie ziehen die Fäden der Macht in der SPD, in der Regierung und im Staat. Und was „dürfen“ die Frauen tun? Für sie bleiben jede Menge Stellvertreterposten. Dort haben sie keine Macht, dafür aber um so mehr Arbeit - bessere Sekretärinnen. In der Regierung bleiben ihnen die „typisch weiblichen“ Ministerien vorbehalten. Das „Ministerium für Frauen und Familie“ natürlich. Ein Alibi-Ministerium für eine Alibi-Ministerin, nur dazu da, um die Frauen- und Familienfreundlichkeit der jeweiligen Regierung zu demonstrieren. Frauen (1872 Bytes)Damit haben wir den zweiten Kritikpunkt an der Quotenregelung: Selbst wenn die Quote formal eingehalten wird, können die Männer die Posten immer noch so verteilen, dass die wirklich wichtigen Stellen in ihrer Hand bleiben. Weibliche Funktionäre werden so als Alibi missbraucht.
Das gleiche Bild liefert auch ein Blick auf den zweiten Regierungspartner: B‘90/Grüne. Die Partei, die sich unter anderem auch den Feminismus auf die Fahnen geschrieben hat, stellt den Außenminister und Vizekanzler - das zweithöchste Regierungsamt: ein Mann! Der für das Selbstverständnis der Grünen besonders wichtige Umweltminister: ein Mann! Was bleibt für die Frauen? Das Gesundheitsministerium mit einem Aufgabenfeld, dass weder für die grundlegende Regierungsarbeit noch für die wichtigen grünen Programmpunkte besondere Bedeutung hat.
Um den Rundumschlag zu komplettieren: Die sich nach der verlorenen Bundestagswahl drehenden Kandidatenkarusells bei CDU, CSU und FDP verheißen auch nichts Gutes. Einzig die PDS sticht hier etwas heraus. Aber auch die PDS hat als Führungsspitze - Parteichef, Bundestagsfraktionschef, Ehrenvorsitzender - nur Männer.
Wer mit der Diskussion der Quotenfrage vertraut ist, wird sich an dieser Stelle erstaunt fragen: Wo bleibt eigentlich das Hauptargument, dass die Quotengegner sonst immer vorbringen? Der dritte Kritikpunkt an der Quotenregelung ist: Die Rücksicht auf die Quotenregelung verhindert, dass eine Funktion entsprechend der besten Qualifikation eines Kandidaten vergeben werden kann. Es hat im Wesentlichen zwei Gründe, wieso dieses Argument hier keine Beachtung gefunden hat. Zum einen ist es zwar prinzipiell richtig, aber nur sehr, sehr wenige Menschen sind tatsächlich so einzigartig und tüchtig, dass sie nicht ohne großen Schaden ersetzbar wären. Zum anderen richtet sich die Postenvergabe in der Politik ja sowieso nicht nach der Qualifikation, sondern nach Macht und Einfluss. Außerdem - die ersten beiden Argumente reichen zur Kritik völlig aus und können selbst der eingefleischesten Feministin die Freude an der Frauenquote gründlich verderben.
Es gibt also viel zu kritisieren - an der Quotenregelung als Theorie, und natürlich an der Praxis in der Politik. Doch zu Recht wird der Leser fragen, welche Alternative es denn zur Quotenregelung gibt? Eines muss völlig klar sein: Eine formale Regelung kann die Gleichberechtigung nicht aus der Luft zaubern. Hier sind keine formalen Beschlüsse gefragt, sondern ein wirkliches Umdenken, denn Gleichberechtigung ist keine Frage des Gesetzes, sondern eine Frage der Einstellung und des Handelns. Gleichberechtigung kann nur erreicht werden, wenn wir alle uns in unserem täglichen Leben entsprechend verhalten, wenn wir alle uns engagieren und die Politik nicht bloß in den Händen der mächtigen, meist männlichen, Politiker belassen - wenn wir alle uns von den Parteien und Kandidaten abwenden, die ihre sexistische Grundeinstellung bewiesen haben. Seit mehr als 150 Jahren engagieren sich Frauen und Männer in genau dieser Weise. Das hat uns bis heute großen Fortschritt gebracht. Aber es reicht noch nicht. Viele Männer müssen offensichtlich noch lernen, Frauen als gleichwertige Partner anzuerkennen. Und viele Frauen müssen offensichtlich noch lernen, sich nicht auf Dienstmädchenrollen ohne Stimmrecht abschieben zu lassen. Traut euch - Mädels!

T.D.

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Parteipolitik:

Das Ende der Unschuld

SPD + PDS (2263 Bytes)Die PDS hat es endlich geschafft: Regierungsbeteiligung auf Landesebene. Der PDS-Chef Mecklenburg-Vorpommerns ist nun auch Vizeministerpräsident. Für viele PDS-Mitglieder ist das die Stunde des Triumphes. Für die PDS als Partei wird es aber die Stunde der Wahrheit sein. Bisher konnte sich die PDS sehr gut als Opposition für die sozial Schwachen profilieren. Jetzt muss sie ganz offiziell für die Politik einer Landesregierung einstehen - und für deren Folgen.
Die politischen Konzepte der PDS sind ebensowenig revolutionär wie ihre Führung. Daher dürfte sie bei der Lösung der anstehenden Probleme ebensowenig Erfolg haben, wie die anderen bürgerlichen Regierungsparteien. Sollten das die Menschen merken, kann das bei den nächsten Wahlen Stimmen kosten. Das weiß auch der PDS-Landeschef Holter. Deshalb versuchte er schon jetzt, sich und seine Partei aus der Verantwortung zu stehlen. Unmittelbar nach seiner Verteidigung als Minister sagte er vor der Presse, die PDS wolle in Mecklenburg-Vorpommern auch in der Regierung die Rolle der Opposition spielen. Mal abgesehen vom logischen Unsinn dieser Aussage, was soll das heißen? Die PDS stimmt negativen Beschlüssen der Regierung zu, ist aber hinterher nicht schuld?
Genaugenommen funktioniert dieses Konzept ja schon länger - in Sachsen-Anhalt. Zwar heißt es hier nicht „Koalition“, sondern „Tolerierung“, aber der einzige Unterschied besteht darin, dass es in Sachsen-Anhalt keine hochbezahlten PDS-Minister gibt. Aber die Verantwortung für die Folgen der Politik resultiert nicht aus der Besetzung irgendwelcher Ämter, sondern daraus, ob die PDS-Abgeordneten ihre Hand für ein Gesetz heben oder nicht. Aber zugegeben, hierbei sind Ministerposten ein starkes Argument. Denn um die zu behalten, sind Minister eher Willens, ihre Partei und ihre Fraktion zur Zustimmung zu ungeliebten Entscheidungen zu zwingen, als wenn sie nichts zu verlieren hätten.
Fakt ist, die PDS ist bereit, als Preis für die Beteiligung an der Macht, sich sogenannten Sachzwängen unterzuordnen - will heißen, teilweise auf ihre sozialen Positionen zu verzichten. Vor langer Zeit schon hat die SPD diesen Weg beschritten und vor kurzer Zeit sind die Grünen ihn gegangen. Und ebenso wird die PDS auf dem Weg zu ihrer Sozialdemokratisierung fortschreiten - von den bürgerlichen Parteien begrüßt, von ihren Anhängern wahrscheinlich lange Zeit zugunsten eines Wunschbildes verdrängt. Doch die Zeit der Unschuld ist für die PDS nun endgültig vorbei. Sicherlich wird auch die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns und mit ihr die PDS versuchen, sich aus jedem Problem mit dem Verweis auf die Schuld der Bundesregierung oder gar der EU herauszureden. Aber dieses Spielchen kennt man ja als geplagter Wähler schon von den „etablierten“ Parteien, man weiß also, was man davon zu halten hat: nämlich nichts!

T.D.

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Medien:

Kulturdroge Fernsehen

Ein Forschungsteam der Stanford University, USA, veröffentlichte im November eine Studie, die den Einfluss des Fernsehens auf den Alkoholkonsum Jugendlicher untersucht. Dazu wurden 14-15jährige Schüler über einen Zeitraum von 18 Monaten beobachtet.
Bei Jugendlichen, deren Fernsehprogramm überwiegend aus Musikvideos bestand, erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, innerhalb des Testzeitraums mit regelmäßigem Alkoholkonsum zu beginnen, um jeweils 31% für jede Stunde Fernsehen mehr pro Woche. Bei Jugendlichen mit gemischten Fernsehgewohnheiten war es immerhin noch eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von 10% pro Extrafernsehstunde.
Dieses Ergebnis ist recht aufschlussreich, aber die Schlussfolgerungen werden mit Sicherheit vielen Jugendlichen mit MTV- oder VIVA-Begeisterung wenig gefallen. Sicher kann man nicht sagen, dass Fernsehen und speziell Musikvideos alkoholabhängig machen. Andererseits ist aber der Zusammenhang nun kaum mehr zu leugnen.
Fernsehen ist ein passives Medium. Es fordert nicht zu Aktivität, Fantasie und Denken heraus, wie etwa gute Bücher und auch sehr gute Computerspiele. Bei Musikvideos ist dieser Effekt noch viel stärker, da hier noch nicht einmal eine Handlung zu einer wenigstens minimalen Konzentration auffordert. Das macht unkritisch und nebenbei konsumiertes Fernsehen zu einer Kulturdroge, die die Psyche lähmt und anstelle des eigenen Lebens künstliche Realitäten, anstelle des aktiven Denkens das passive Konsumieren von Sinneseindrücken setzt und Endorphine in den Kreislauf pumpt - beste Vorraussetzungen dafür, zur nächst stärkeren Droge zu wechseln, dem Alkohol. Dieser Mechanismus, sich an eine schwächere Droge zu gewöhnen und dann zu immer stärkeren Drogen zu wechseln, ist bei chemischen Drogen bereits lange bekannt. Die neue Stanford-Studie beweist nun, dass auch Kulturdrogen wie Fernsehen Teil dieser Kette des Verderbens sein können.
Es geht hier nicht darum, das Fernsehen zu verteufeln. Und es geht an dieser Stelle auch nicht darum, das Fernsehprogramm in gut und schlecht einzuteilen. Was uns die obigen Forschungsergebnisse sagen sollten, ist vielmehr, dass man mit dem Fernsehen verantwortungsvoll umgehen muss. Fernsehen als bewusstes Ereignis, sei es nun zur Information oder Unterhaltung, kann sogar sehr positive Wirkungen haben - speziell wenn es nur eine von vielen Freizeitbeschäftigungen ist.
Jugendliche, die vielfältige Interessen haben und denen man auch die Möglichkeiten gibt, ihre Interessen umzusetzen, greifen kaum zur Flasche und anderen Drogen. Aber Jugendliche ohne wirkliche Interessen, ohne eigene Ziele im Leben oder ohne die Möglichkeit zu sinnvoller Freizeitgestaltung sind gelangweilt und unterfordert und schon daher besonders anfällig für destruktives Verhalten sowohl für Selbstzerstörung durch Drogen, als auch für Gewalt gegen andere Menschen.
Damit ist die Verantwortung von Eltern und Gesellschaft klar definiert. Es kommt nicht darauf an, Kindern und Jugendlichen das Fernsehen vorzuenthalten, sondern ihnen Alternativen zu bieten - von Anfang an.

T.D.

Fernseher (1930 Bytes)Sektflasche (10534 Bytes)

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Medien:

Eine Frage der Sprechweise

„Ein Killervirus in den falschen Händen“ - So lautete ein Satz in einem RTL-Werbespot zu einer neuen Action-Serie. Stellt sich die Frage: Gibt es „richtige“ Hände für eine tödliche biologische Waffe? Solche Waffen werden nicht erst dadurch gefährlich, dass sie in bestimmte Hände geraten, sondern sie sind dadurch gefährlich, dass sie existieren! Wer den Eindruck erweckt, es gebe einen sicheren Platz dafür, verharmlost diese Gefahr und hilft dabei mit, solche Waffen in Zukunft tatsächlich auch einzusetzen, einfach deshalb, weil sie existieren. Ein Killervirus - solang er existiert - ist IMMER in den falschen Händen!

T.D.

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Medien:

„The Death Gate Cycle“ - Der Weg des Stalinismus

„… ‚Councillor, don’t do this.‘ Alfred’s voice was calm, sad. ‚The true evil isn’t out there. The true evil is here.‘ He placed his hand on his heart. ‚It is fear. I know it well. I’ve given way to its power most of my life.‘ …“

(„… ‚Councillor, tun sie es nicht.‘ Alfreds Stimme war ruhig, traurig. ‚Das wahrhaft Böse ist nicht da draußen. Das wahrhaft Böse ist hier.‘ Er legte seine Hand auf sein Herz. ‚Es ist die Furcht. Ich kenne sie gut. Ich habe mich die meiste Zeit meines Lebens ihrer Macht unterworfen.‘ …“)

Diese Worte des Sartaners Alfred, gerichtet an Samah, Führer der überlebenden Sartaner, könnten als Leitmotiv über allen 7 Teilen. des Buch-Zyklus „The Death Gate Cycle“ („Todestor-Zyklus“) von Margaret Weis und Tracy Hickman stehen. In ihrem sowohl umfangreichsten als auch beeindruckendsten Werk zeigen die Autoren, wie zerstörerisch Angst und Paranoia sein können, wie gefährlich es ist, wenn sie die Motive des Handelns bestimmen. Weis und Hickmann, die sich als Schöpfer der DragonLance-Serie („Drachenlanze“) schon längst einen Namen gemacht haben, entführen den Leser in eine Welt voller Magie und Drachen, aber und gerade auch solch „irdischer“ Dinge wie Verrat, Politik, und sogar, man sollte es kaum glauben: Klassenkampf… Ohne erhobenen Zeigefinger wird eine dichtgepackte Geschichte erzählt, die nicht nur von der ersten bis zur letzten Zeile unglaublich spannend ist, sondern den Leser in einen regelrechten Bann zieht und nicht mehr loslässt.
Vor Jahrtausenden lebten zwei Rassen, die sich in ihren Fähigkeiten und in ihrer Macht für Götter hielten: Sartaner und Patryns. Während die Patryns die Welt und die „niederen“ Mensch-Rassen Menschen, Zwerge und Elfen zu ihrem persönlichen Nutzen beherrschen und ausbeuten wollten, wollten die Sartaner die Welt führen und vor Schaden bewahren. Dabei vertraten sie eine Gemeinschaftlichkeit, die sich bedingungslos über das Individuum hinwegsetzt. Ihre arrogante Selbstüberschätzung in Verbindung mit der verdrängten Furcht vor ihrem alten Feind, den Patryns, ließ die Sartaner schließlich einen wahnsinnigen Schritt tun, der die Welt und schließlich auch sie selbst in die Katrastophe führte. Sie wollten die Lage ein für allemal klären, dafür war ihnen am Ende jedes Mittel recht - und das machte sogar den Tod von Milliarden Menschen akzeptabel. Sie brachen das Weltsiegel und damit die Welt in vier Teile - Arianus: die Welt der Luft, Pryan: die Welt des Feuers, Celestra: die Welt des Wassers und Abbarach: die Welt des Steins. Verbunden sind diese Welten durch das Death-Gate (Todestor), das nicht nur die Reise zwischen den einzelnen Welten ermöglichen soll, sondern auch noch zum Labyrinth führt. In diesem Labyrinth, das ursprünglich eine Erziehungsfunktion ausüben sollte, wurden sowohl die Patryns verbannt, als auch bezeichnenderweise alle Sartaner, die sich zu diesem Plan kritisch äußerten.

The Death Gate Cycle (183626 Bytes)

Aber der Eingriff in das Weltengefüge entwickelte sich nicht so wie geplant. Viele Sartaner, unfähig mit den neuen Herausforderungen fertig zu werden, resignierten und wählten den bequemsten Weg: sie versetzten sich in Stasis und verschliefen die Jahrtausende. Andere degenerierten und verloren im täglichen Kampf ums Überleben nicht nur ihr magisches Wissen, sondern auch ihre Werte und ihre Moral.
Voneinander abgeschnitten, ohne die lebensnotwendigen Energie- und Materialtransfers und von ihren Schöpfern im Stich gelassen, hatte jede einzelne Welt und die auf ihr neuangesiedelten Mensch-Rassen mit ihren speziellen Schwierigkeiten und Mängeln zu kämpfen. Im Labyrinth entwickelte die mit dem unterschwelligen Hass der Sartaner gegen die Patryns geladene Magie ein tödliches Eigenleben.
So sind Patryns und Sartaner auf den vier Welten nur noch Legenden oder schon längst vergessen, als es dem ersten Patryn, Lord Xar, gelingt, dem Labyrinth zu entkommen. Und nach ihm kommen weitere, voller Hass auf den alten Feind, und mit dem festen Willen, die Welt nun in Besitz zu nehmen. Lord Xar schickt Haplo aus, die vier Welten inkognito zu erkunden, Chaos zu verbreiten und die Machtübernahme der Patryns unter Lord Xar vorzubereiten. Auf seinen Reisen trifft Haplo unter anderem auf Alfred, einem Sartaner, der sich zu seinem Entsetzen allein unter Menschen fand, als er aus der Stasis erwachte. Aus Angst, Stellung beziehen zu müssen und mit seinen Fähigkeiten benutzt zu werden, verleugnet er sich seit Jahrzehnten selbst. Durch Haplo aus seiner Lethargie gerissen muss er sich seinem Selbst stellen und lernt, seine Verantwortung als Serpent-Magier zu akzeptieren. Auch Haplo durchläuft eine rasante Entwicklung, gegen die er sich bis zum Schluss vehement zu wehren versucht. Haplo lernt mit der Zeit die von ihm so verachteten „Menschen“ verstehen und schätzen. Er findet Freunde und erkennt, dass Xar nicht das Wohl der Patryns im Sinn hat, sondern seine eigenen Leute für seine Ambitionen schließlich sogar im Stich lässt. Die Entdeckung der DragonSnakes (Drachenschlangen) als Verkörperung von Furcht, Misstrauen und Chaos bringt ihn letztlich dazu, Xar, der ihnen mit seinem Hass auf die Sartaner und mit seinem Misstrauen dient, zu bekämpfen.
Es ist erstaunlich, welche Parallelen und Gedankenverbindungen dieser Roman-Zyklus beim Leser hervorruft. Erinnern die Patryns in ihrem Hass und ihrer Überlegenheits-Arroganz nicht an die deutschen Faschisten? Die Verwendung des deutschen (!) Begriffes Mensch in der englischen Originalausgabe ist ein deutlicher Hinweis auf die Untermenschen-Terminologie der Nazis. Den Gegensatz dazu bilden die Sartaner, die als „Stalinisten“ zwar ein edles Ziel anstreben, aber nicht nur den falschen Weg wählen, sondern aus Angst jede wirkliche oder eingebildete Kritik in den eigenen Reihen unterdrücken und sogar Verbündete mit Misstrauen verfolgen. Diese Angst kennt man noch aus der DDR sehr gut. Dort wurden Dinge getan, die mit der kommunistischen Ideologie nichts gemeinsam hatten. Statt die eigenen Fehler zu analysieren und aus ihnen zu lernen, wurde eine Fehlerdiskussion von vornherein abgelehnt: Die Partei hatte immer recht! Wer trotzdem wagte zu kritisieren oder auch nur nachzufragen, machte sich als Staatsfeind verdächtig. Das Ansehen in der kapitalistischen Welt oder solche Dinge wie Exportkennziffern waren den Realsozialisten wichtiger, als der durchdachte Aufbau der kommunistischen Gesellschaft und die Verwirklichung kommunistischer Ideale. Das hat den sozialistischen Staaten letztendlich den Kopf gekostet, wie es auch den Sartanern letztlich Macht und vielen sogar das Leben kostete.
Aber selbst in der Katastrophe ist es nicht zu spät, aus Fehlern zu lernen. Es gibt auch im DeathGate-Zyklus Sartaner, die umdenken. Weis und Hickmann zeigen, dass es eine Alternative gibt: Abri - die Stadt im Labyrinth - gemeinsam erbaut von Patryns und verbannten Sartanern, die sich von Hass und Angst gelöst und an deren Stelle Vertrauen und Gemeinschaftlichkeit gesetzt haben. Doch Abri ist mehr - sie ist auch ein Zeichen gegen die bedingungslose Jagd nach dem Letzten Tor, dem Ausgang aus dem Labyrinth. Es ist nicht sinnvoll, immer nur vor den Umständen zu fliehen - eine dauerhafte Verbesserung seiner Lage erreicht man vor allem, indem man selbst etwas aufbaut. Denn was unterscheidet die Welt „draußen“ schon von der drinnen? Sie ist sicher nicht friedlicher und ungefährlicher.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Fantasy-Geschichten, die den Leser auf Fantasie-Welten führen, spielt dieser Zyklus in unserer Welt. Die Verlagerung der Handlung weit in die Zukunft und die spannende Mischung aus Magie und Technik machen aus „The Death Gate Cycle“ einen erstklassigen Vertreter der Science-Fantasy. Und: Wer schon die DragonLance-Serie der Autoren kennt, kann sich auf einen alten Bekannten freuen.

K.H.

Dieser Artikel orientiert sich an der englischen Originalausgabe.

The Death Gate Cycle:

  1. Dragon Wing (Drachenflügel)
  2. Elven Star (Elfenstern)
  3. Fire Sea (Feuermeer)
  4. Serpent Mage (Schlangenmagier)
  5. The Hand of Chaos (Die Hand des Chaos)
  6. Into the Labyrinth (Ins Labyrinth)
  7. The Seventh Gate (Das Siebente Tor)

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Beiträge zur Soziologie:

Der Tod des Kapitalismus - Teil 2

von Tec Dian

Die Idee

Der Gedanke, hinter den modernen Entwicklungen in den hochentwickelten Ausbeuterstaaten könnte mehr stecken als nur eine neue Variante des Kapitalismus, entstand eher zufällig. Bei dem Versuch der Einteilung der Ausbeutergesellschaften nach formalen Merkmalen ergab sich ein Loch - eine Ausbeutergesellschaft, die es scheinbar noch nicht gegeben hatte. Wird die Art des Zwanges, den die Ausbeuter als Hauptmachtmittel nutzen, als Merkmal zur Unterscheidung von Ausbeutergesellschaften verwendet, ergibt sich zuerst die Einteilung in direkten und indirekten Zwang. Ausbeutergesellschaften mit direktem Zwang lassen sich weiter danach unterscheiden, ob der direkte Zwang durch willkürliche, materiell bestimmte Gewalt oder durch ideell geregelte Gewalt ausgeübt wird - Sklaverei und Feudalismus. Analog besteht die Möglichkeit, Ausbeutergesellschaften unter indirektem Zwang ebenfalls nach materieller und ideeller Gewalt zu unterscheiden. Der erste Fall ist ökonomische Gewalt - der altbekannte Kapitalismus. Der zweite Fall jedoch schien nicht zu existieren, eine rein formalistische Konstruktion ohne Bezug zur Wirklichkeit.
Da indirekter ideeller Zwang Manipulation ist, wurde diese hypothetische Ausbeutergesellschaft Manipulismus genannt. Mit solchen künstlichen Begriffen ist es eigenartig - man mag sie nicht! Nur Dummköpfe erfinden gern neue, möglichst kompliziert klingende Begriffe, die niemand außer ihnen versteht. Und deshalb versucht man jedesmal, wenn man einen solchen Begriff verwenden muss, sich mit wortreichen Erklärungen dafür zu entschuldigen. Doch um etwas erklären zu können, muss man darüber nachdenken.
Je mehr ich über den Manipulismus nachdachte und nach Beispielen suchte, was man sich darunter vorzustellen hätte, desto mehr fiel mir auf, dass sich erstaunlich viele meiner Beispiele in unserer heutigen Gesellschaft finden. Sollte es vielleicht doch nicht nur ein Formalismus sein? Ich wurde stutzig, schließlich neugierig und forschte nach. Zuerst staunte ich darüber, dass wohl tatsächlich eine neue Gesellschaft begonnen hatte. Inzwischen erschrecke ich, wenn ich daran denke, wie weit wir auf diesem Weg schon fortgeschritten sind.
Plötzlich ließen sich viele Dinge ganz zwanglos erklären, die im Rahmen der Kapitalismustheorie einfach nicht zu erklären waren. Plötzlich wurde aber auch die Richtung deutlich, in die wir alle gehen, eine Richtung, die mir gar nicht gefällt.

 

Die Tatsachen

a) Das Eigentum

Im frühen Kapitalismus scheint alles so schön klar und geordnet. Auf der einen Seite stehen die Kapitalisten als Eigentümer der Produktionsmittel, auf der anderen Seite die Arbeiter, zwar juristisch frei, jedoch auch frei von Eigentum. Damit ist auch die Rollenverteilung im System der Ausbeutung klar.
Doch schon im staatsmonopolistischen Kapitalismus, dem Fiskalismus, gerät dieses einfache Schema ins Wanken. Plötzlich ist der Staat und damit in einer modernen bürgerlichen Demokratie nominell das Volk Großeigentümer. Viele Arbeiter werden mit Hilfe des Staates mittelbare Eigentümer ihrer Produktionsmittel - so sagt man ihnen zumindest. Doch ausgebeutet werden sie immer noch, was daran zu sehen ist, dass ihre Produktionsleistung nach wie vor höher ist als ihr Einkommen. Wohin also sind die Ausbeuter verschwunden?
Inzwischen hat sich diese Frage weiter verschärft und auch auf die „Privatwirtschaft“ ausgedehnt. Wem gehört eigentlich die Deutsche Bank oder die Siemens AG? Sicher gibt es nach wie vor Großeigentümer, die mit ihren Riesenvermögen ganze Firmen besitzen oder zumindest kontrollieren. Aber ein bedeutender und immer größer werdender Anteil des Aktienkapitals der Großkonzerne ist gestreutes Kapital. Über Belegschaftsaktien, Vermögensbildung, Kapitalversicherungen und andere Sparformen sowie Wertpapierfonds sind große Teile der arbeitenden Bevölkerung formal Miteigentümer der großen Produktionsmittel, über Staatsbeteiligungen sogar auch noch der letzte Obdachlose! Die kapitalistische Trennung in besitzende Ausbeuter und besitzlose Ausgebeutete scheint aufgehoben.
Doch der Schein trügt. Die Lösung des Rätsels liefert ein Blick auf die Frage, was Eigentum eigentlich ist. Eigentum ist das Verfügungsrecht über materielle (und ideelle) Güter. Aber es gibt sehr verschiedene Möglichkeiten, über ein und dasselbe Gut zu verfügen. Deshalb haben sich in jeder Ausbeutergesellschaft abgestufte Eigentumsformen entwickelt, die die Verfügungsrechte an einem Gut auf mehrere Personen aufteilen; und es existieren ebenso viele Bezeichnungen, die diese Eigentumsstufen gegeneinander abgrenzen. In der BRD werden im Wesentlichen drei Eigentumsstufen formal juristisch unterschieden: 1.) das staatliche Hoheitsrecht (gesetzliche Nutzungsbeschränkungen, Recht auf Steuern); 2) das „Eigentum“ (die rechtliche Herrschaft über eine Sache, z.B. eines Hausbesitzers, der sein Haus vermietet); 3) der „Besitz“ (die tatsächliche Herrschaft über eine Sache, z.B. eines Mieters, der eine Wohnung in diesem Haus mietet).
Nur eine dieser drei Stufen wird im Gesetz tatsächlich als Eigentum bezeichnet. Das ist Ausdruck einer allgemeinen Erscheinung in Ausbeutergesellschaften, der Trennung von Eigentumsattribut und -funktion. Das bedeutet, dass der formal so genannte Eigentümer nicht unbedingt mit dem identisch ist, der die Eigentumsrechte auch tatsächlich ausübt.
In einer großen Aktiengesellschaft entscheidet das Management, nicht die Aktionäre. Die Aktionäre dürfen auf seltenen Aktionärsversammlungen über einige wenige Dinge abstimmen. Welche Informationen sie dazu bekommen und worüber sie abstimmen, entscheidet aber im Allgemeinen das Management. Die meisten Kleinaktionäre oder Menschen, die ihr Geld über Versicherungs- oder Anlagefirmen investiert haben, erscheinen gar nicht erst oder haben gar kein eigenes Stimmrecht, sondern überlassen ihre Entscheidungsrechte dem Management dieser Firmen. Der Besitzer einer Aktie der Deutschen Bank hat in der Realität nicht die geringste Möglichkeit, „seine“ Bank nach seinen Vorstellungen zu beeinflussen. Die Macht liegt beim Spitzenmanagement des Konzerns. Aufgrund ihrer Verfügungsrechte sind es diese Leute, die selbst noch bei einem Konkurs der Firma und damit einem völligen Kapitalverlust der formalen Eigentümer mit Spitzengehältern und Sonderzuwendungen nach Hause gehen.
Das Gleiche gilt auch für Politiker, die „Manager des Staates“, die sich ungeachtet der Höhe der Staatsverschuldung über Steuern ihre Taschen mit unglaublich hohen Diäten, Ministergehältern, Pensionen, „Aufwandsentschädigungen“ und natürlich auch Bestechungsgeldern füllen. Und es gilt ebenso für Gewerkschaftsspitzenfunktionäre, die das Geld der Gewerkschaftsmitglieder kassieren, aber in Lohnverhandlungen das Spiel der Bosse mitspielen, um ihre Einkunftsquellen nicht zu gefährden.
Dahin also verschwindet die Differenz zwischen Produktionsleistung und Arbeitslohn. Damit ist also geklärt, dass das „neue Kapitaleigentum“ der arbeitenden Massen nur ein, wenn auch recht wirksamer, Betrug ist. Die Trennung in Ausbeuter und Ausgebeutete wird dadurch nicht aufgehoben, sie hat nur ihre Form gewechselt. Die Ausbeuter mobilisieren jetzt nicht mehr nur die Arbeitskraft der Ausgebeuteten, sondern auch deren Kapital - im Einzelfall zwar gering, in der Masse aber riesig - für die Verwertungsbedürfnisse der Ausbeuter, indem sie die Ausgebeuteten so manipulieren, dass sie ihren mühsam verdienten Lohn gleich wieder als Investmittel zur Verfügung stellen.
Waren die Arbeitenden in Sklaverei und Feudalismus selbst Eigentum, so wurden sie im Kapitalismus frei. Heute sind sie sogar selbst zu Eigentümern geworden. Doch auch diesmal blieb die Ausbeutung erhalten, änderte nur ihre Form, versteckte sich bloß noch besser. Aus dem Kapitalismus ist Manipulismus geworden. Den Arbeitenden wird durch Einbeziehung in undurchschaubare Eigentumsstrukturen eine ökonomische Freiheit suggeriert, die tatsächlich immer noch nur eine kleine Gruppe besitzt, die neue Ausbeuterklasse, deren Kern das Spitzenmanagement ist. Dabei dient die Manipulation der Ausgebeuteten nicht mehr nur als Mittel zur Ruhigstellung, sondern als universeller Motor der Ausbeutung, wie das Folgende zeigt.

(Wird fortgesetzt. Der gesamte Artikel kann unter kpp.aksios.de/position/manipulismus.htm gelesen werden.)

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Kleines Lexikon:

Sklaverei: Ausbeutergesellschaft, in der die Durchsetzung und Organisation der Ausbeutung durch direkten Zwang mittels privater willkürlicher Gewalt dominiert. Die Ausgebeuteten sind Sacheigentum der Ausbeuter ohne eigene gesellschaftliche Rechtsstellung in der Gesellschaft.

Feudalismus: Ausbeutergesellschaft, in der die Durchsetzung und Organisation der Ausbeutung durch direkten Zwang mittels gesellschaftlich geregelter Gewalt dominiert. Die Ausgebeuteten sind rechtlich abhängige Gesellschaftsmitglieder.

Kapitalismus: Ausbeutergesellschaft, in der die Durchsetzung und Organisation der Ausbeutung durch indirekten Zwang mittels privater ökonomischer Gewalt dominiert. Die Ausgebeuteten sind ökonomisch abhängige Gesellschaftsmitglieder.

Manipulismus: Ausbeutergesellschaft, in der die Durchsetzung und Organisation der Ausbeutung durch indirekten Zwang mittels gesellschaftlicher psychischer Gewalt (psychologische / genetische Manipulation) dominiert. Die Ausgebeuteten sind psychisch abhängige Gesellschaftsmitglieder.

Manipulation: bewusste Einwirkung auf Menschen im privaten Interesse des Initiators zur Vermittlung von nicht notwendig wahren Kenntnissen, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen, zur vollständigen Verschleierung ihrer Absicht und Wirkung und zur Verhinderung, aber Vortäuschung freier Entscheidungsfähigkeit des Betroffenen.

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Impressum:

Parteiwappen der GO der KPP (11876 Bytes)

"Das rote Virus" - Redaktion
Kommunistische Programmpartei
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06204 Merseburg
Deutschland

internet: http://www.aksios.de/virus

Chefredakteur: Ki-Heij Gi
Chefkorrespondent: Tec Dian
Satz und Layout: Science & Fantasy
Ausgabe Nr. 2, November 1998
Redaktionsschluss 10.11.1998
Erscheinungsweise: monatlich
Internet-Version

© 1998 by KPP

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Letzte Änderung: 13. Januar 2003 - © Kunst des Denkens 1998-2003